Streit um Prosecco:Träume sind Schaumwein

Dass Prosecco in Dosen verkauft wird, bringt italienische Winzer zum Schäumen. Nun wollen sie den Namen "Prosecco" bei der EU schützen lassen.

Stefan Ulrich

Die Winzer aus den oberitalienischen Hügeln zwischen Belluno und Treviso finden: Wenn der Champagner der "König der Schaumweine" ist, so sei ihr Prosecco zumindest ein "kleiner Prinz".

Paris Hilton, "Rich Prosecco"

Winzer beklagen "die Vulgarisierung des erhabenen Prosecco" - und Paris Hilton ist daran wohl nicht ganz unschuldig. Sie wirbt für den Prosecco in goldenen Büchsen.

(Foto: Foto: dpa)

Im Unterschied zum hochadeligen Getränk aus Frankreich kommt dieser Prinz nicht nur zu Weihnachten und Silvester, sondern das ganze Jahr über groß heraus. Seit den sechziger Jahren eroberte der vergleichsweise günstige Prosecco die Italiener, seit den Achtzigern die Schwabinger Schickeria und den Rest der Deutschen, seit den Neunzigern die Amerikaner.

Nun sind Chinesen und Vietnamesen an der Reihe. Alle Welt lässt Prosecco-Korken knallen, auch weil der Name so nach dolce vita klingt. Die Weinautoren Cornelius und Fabian Lange spotteten deshalb: "Beim Prosecco geht es doch nicht um den Inhalt - Hauptsache, es bitzelt und wir bekommen dieses italienische Feeling."

In der Heimat des Prosecco, dem Anbaugebiet um die Orte Valdobbiadene und Conegliano, begegnen die Winzer dem Siegeszug des als einfacher Perlwein oder edlerer Schaumwein angebotenen Getränks mit gemischten Gefühlen. Nur noch etwa 40 Prozent der Flaschen, die sich Prosecco nennen, stammen aus ihrem Gebiet, das nach italienischem Weingesetz die kontrollierte Herkunftsbezeichnung "Prosecco di Conegliano-Valdobbiadene" trägt. Der große Rest wird anderswo in Italien, etwa in der Poebene, angebaut, oder - horribile dictu -gar im Ausland, in Staaten wie Rumänien, Brasilien und Australien.

"Vulgarisierung des erhabenen Prosecco"

Hinzu kommt, dass mancher so genannte Prosecco in einer Weise vermarktet wird, die traditionelle Winzer schäumen lässt. Das Fass zum Überlaufen brachte ursprünglich der "Rich Prosecco", ein in Österreich abgefüllter Traubentrunk, der in goldfarbenen Dosen in die Tankstellen kommt und seit einiger Zeit von Hotelerbin Paris Hilton beworben wird. "Das beleidigt die Arbeit von Generationen von Weinbauern", schimpft der Winzer Antonio Bisol, ein früherer Präsident des Schutzkonsortiums Conegliano-Valdobbiadene. Andere betrauern eine "Vulgarisierung des erhabenen Prosecco".

Vor allem die "Sache mit den Dosen" habe ziemlichen Aufruhr unter den Winzern erzeugt, sagt Giancarlo Vettorello, der Direktor des Schutzkonsortiums, der Süddeutschen Zeitung. Die Weinbauern seien zu ihm gekommen und hätten geklagt: "Wie kann es sein, dass wir so viel Arbeit auf unsere Weinberge verwenden, und dann wird Prosecco in Büchsen verkauft?"

Zwei Jahre lang haben die Winzer den Erfolg der Rich-Dosen beobachtet. Nun fordern sie, den Namen Prosecco künftig besser zu schützen - und zwar weltweit. Doch das ist schwierig. Denn während der Champagner oder der Chianti nach einem bestimmten Territorium benannt sind, ist "Prosecco" schlicht der Name einer Rebsorte, wie Pino Grigio. Daher kann Prosecco überall angebaut und unter diesem Namen verkauft werden.

Der Konsortiums-Direktor Vettorello hält das für ungerecht: "In unserem Gebiet wird der Prosecco seit zweihundert Jahren kultiviert", argumentiert er. "Der Name ist traditionell mit diesem Territorium verbunden. Daher sollte er für diesen Flecken Italiens reserviert bleiben."

Hier, im Gebiet des Konsortiums, gelten strenge Regeln für den An- und Ausbau des Prosecco. So ist der Ertrag der Rebflächen strikt begrenzt, um eine gute Qualität zu garantieren. In anderen Regionen Italiens und der Welt, in denen Prosecco produziert wird, gelten diese Vorschriften dagegen nicht. Ein globaler Schutz des Namens "Prosecco" liege daher im Interesse der Verbraucher, sagt Vettorello.

Angst um den guten Ruf

Franco Manzato, der stellvertretende Ministerpräsident der Region Veneto, beklagt ebenfalls, der gute Ruf des Prosecco, den die Winzer um Treviso erarbeitet hätten, werde nun von anderen ausgenutzt und missbraucht. "Daher müssen wir unsere Produzenten schützen, die über Jahrzehnte voller Arbeit einem Schaumwein zum Erfolg verholfen haben, der heute in vielen Ländern den Champagner aussticht."

Vollmundig fordert Manzato: "Nie wieder Prosecco aus Brasilien, Argentinien, Frankreich oder Paraguay!" Um das zu erreichen, verfolgen die Prosecco-Puristen für 2009 eine klare Strategie. Sie wollen zunächst das Ursprungsgebiet um Conegliano und Valdobbiadene nach italienischem Weinrecht von einem DOC- in ein DOCG-Gebiet aufwerten lassen. DOCG steht dabei für "Kontrollierte und Garantierte Herkunftsbezeichnung". Diese oberste italienische Qualitätsstufe sieht besonders strenge Regeln vor. Die Prosecco-Anbauflächen in acht umliegenden Provinzen des Veneto und des Friauls, die bisher nur laxen Regeln unterliegen, sollen künftig als DOC-Zone eingerichtet werden.

In einem dritten Schritt wollen Vettorello und Manzato dann über EU-Recht und bilaterale Verträge durchsetzen, dass weltweit nur noch Weine aus diesen oberitalienischen Gebieten als "Prosecco" verkauft werden dürfen. Die Prosecco-Winzer von Frankreich bis Australien müssten sich für ihre Produkte dann andere Namen einfallen lassen.

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