Süddeutsche Zeitung

Stilkritik: Sting:Was zu zwitschern

Sting, die bärtige Pop-Amsel, hat etwas zu sagen. Der Sänger verkündet seine bewegenden Weisheiten nun ausgiebigst über Twitter.

Martin Zips

In der Zeit, in der das Twittern, Gezwitscher also, allein Amsel, Nachtigall und Rotkehlchen vorbehalten war, da herrschte noch Ruhe im Land. Wer was zu sagen hatte, der schlug Thesen an eine Tür, trat vor sein Volk oder schrieb ein Buch.

Heute zwitschert alles und jeder, da ist man froh, dass es noch so einen alten Vogel gibt wie den Sting, der uns in seinen Liedern einst so klug von Roxanne oder dem Mond über der Bourbon Street erzählte, per Flaschenpost Hilferufe an die Welt verschickte oder mitten im Kalten Krieg daran erinnerte, dass die Russen ihre Kinder lieben.

Nur gut, dass es der bärtigen Pop-Amsel im allgemeinen Twitter-Wahnsinn noch gelingt, sich Gehör zu verschaffen. Sonst würden seine wichtigen Botschaften ja ebenso ungehört verhallen wie der Rat des Daedalus an seinen Sohn Ikarus, nur bitte nicht zu hoch zu fliegen.

Hier die neuesten, von internationalen Agenturen verbreiteten Sting-Gedanken: "Obama ist genau das, was wir brauchen" (30.Oktober, AP). "Musik-Talentshows im Fernsehen sind lächerlich" (11. November, dpa). "Australische Aborigines-Sänger sind super" (12.November, AFP). "Ich habe in meinem Haus Geister" (19.November, dpa). "Ich bin ein Weihnachtsmuffel" (22. November, ddp). "Ich hacke gerne Holz." (ebd.) "Brasilien braucht keinen Amazonas-Staudamm" (23. November, epd).

Man sollte niemals unterstellen, dass es sich bei diesen komplexen Sting-Gesängen lediglich um Revierverteidigung - sein neues Album muss ja beworben werden! - handelt. Der Mann hat wirklich was zu zwitschern.

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Quelle:
SZ vom 25.11.2009/bre
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