Stilkritik: Merkels Roben-Recycling:Schon wieder Flieder

Empörung in Salzburg: Angela Merkel erscheint in einem Outfit, das sie bereits bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth trug. Dabei liegt die Kanzlerin mit dem Roben-Recycling voll im Trend.

Claudia Fromme

Wenn ein wichtiger Mann ein Wams mehr als einmal trägt, landet es im Museum. Genschers gelber Pullunder! Kohls Wendestrickjacke! Löws blauer Bundespullover! Sind alles längst Exponate im Bonner Haus der Geschichte oder stehen gerüchtehalber auf der Shortlist dafür.

Salzburger Festspiele 2010 - Merkel bei 'Elektra'-Premiere

Immer wieder Flieder: Hier zum Beispiel am 8. August 2010 bei der Elektra-Premiere der Salzburger Festpiele.

(Foto: dpa)

Nun hat sich die Kanzlerin erlaubt, eine Robe wiederholt zu tragen, was ihr naturgemäß einen Ehrenplatz in der Bonner Vitrine sichern müsste. Aber nix da! Salzburg zerreißt sich das Maul darüber, ob es Angela Merkel neben der Regierungsfähigkeit nun auch an modischem Gespür mangelt. Der Skandal: Sie hat ein fliederfarbenes Ensemble nicht nur bei der Salzburger "Elektra"-Premiere am Sonntag getragen, sondern ebenda bereits 2008 bei der Erstaufführung von "Othello". Und jetzt kommt's ganz dicke: Die eigentliche Premiere hatte das Kleid aber schon 2007 bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth.

Empörung in Salzburg

Salzburg rümpft die Nase, fühlt sich zurückgesetzt, lästert untergürtelig. Dabei kann man Merkels Festspieluniform als absoluten Beweis ihrer Stilsicherheit werten. Vorbei die Zeiten, als man Roben einmal vollgeschwitzt und in den Altkleidersack gestopft hat. In Krisenzeiten empfiehlt das PR-Handbuch für Spitzenpolitiker und Anverwandte demonstrative Bescheidenheit. Stilikone ist auch hier Michelle Obama. Die recycelt ihre Kleider so oft, dass Society-Fotografen bereits müde abwinken, wenn ein First-Lady-Termin ansteht. Fotos, auf denen sie einmal mehr ihr ärmelloses Kleid mit dem schwarz-weißen Gittermuster trägt, gelten als nahezu unverkäuflich, weil schon zu oft gedruckt.

Angela Merkel

Bereits am 25. Juli 2007, bei der Eröffnung der Wagner-Festspiele in Bayreuth, kam das Outfit auf den Plan.

(Foto: AP)

Lieber lästern Boulevard und Opposition nun darüber, dass Michelle Obama verreist, während ihr Mann zuhause die Welt allein retten muss. Schon wird sie mit Marie Antoinette verglichen. Das gleichwohl ist nur mit Unverstand zu entschuldigen. Die hat nie ein Kleid zweimal getragen.

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