Stilkritik: McCafé:Die Bohne wert

McDonald's sieht seine Zukunft in einem grünen Logo und Kaffee. Aber wollen die Deutschen den Cappuccino einer Fast-Food-Kette trinken? Na klar. Eine Stilkritik.

Sarina Pfauth

Den Geschmack der Massen zu erkennen ist eine Kunst, die viele gerne beherrschen würden. McDonald's ist ein Konzern, der es über viele Jahre geschafft hat, den Massengeschmack nicht nur zu bedienen, sondern ihn außerdem zu prägen. Dass ein Scheibchen saure Gurke auf einen Cheeseburger gehört, dass Eis mit Smarties gemischt wird - das hat man hier gelernt.

McDonald's

McCafé: dem Massengeschmack auf den Fersen.

(Foto: Foto: McDonald's)

Im Jahr 2006 überlegte sich McDonald's, dass fettige Burger im immer gesünder lebenden Deutschland in Zukunft ein schwieriges Geschäftsmodell darstellen könnte. Sie erweiterten viele ihrer Filialen um ein "McCafé" - einen Coffeeshop nach Vorbild von Starbucks und Co, dem sich ändernden Massengeschmack auf den Fersen.

Nun hat McDonald's neue Pläne: Der Konzern will sein Logo ändern, die rote Farbe muss raus. Mäcki wird grün-gelb. Außerdem möchte die Fast-Food-Kette verstärkt in seine noch junge Kaffee-Sparte investieren. Damit strengt McDonald's nicht nur einen äußerlichen Imagewechsel an, sondern auch das Innere der Fast-Food-Restaurants ändert sich zusehends.

Ein "Coffee to go" passt zwar perfekt zum bisherigen McDonald's-Konzept: Schnell, zum Mitnehmen und Runterkippen. Doch McCafé zielt nun darauf ab, eine klassische Coffeeshop-Atmosphäre zu kreieren. Der Einzug der Kaffeetheken markiert also einen Wechsel des Restaurant-Klimas, von Bahnhofshallencharme zur Lounge.

Wenn man nun eine dieser neuen Filialen betritt, in denen neben der Pommes/BigMac-Theke eine Kaffee/Kuchen-Theke aufgebaut wurde, dann kann man sehr gut beobachten, wie McDonald's den neuen Massengeschmack einschätzt. Braune Kunstledersessel, Teelichtgläser mit dem Firmenlogo, überdimensionale Latte-macchiato-Bilder an den Wänden: Das soll "einladend" wirken, steht auf der Website des Konzerns. Man soll hier "genussvoll entspannen" können. Na ja.

Auf der Flucht

Der Konzern will mit diesem Ambiente ein Publikum an die mit Holzimitat bezogenen Tischchen bringen, das bislang allermeistens auf der Flucht war. Gemütlichkeit ist neu in der Firmenstrategie, und den Gästen sieht man an, dass sie sich daran noch nicht gewöhnt haben: Sie sitzen mit Schal und Mütze vor ihren Tabletts, lassen ihren Wintermantel beim Essen an oder schlüpfen allerhöchstens aus den Ärmeln, so dass die Jacke wie ein Schwimmring um die Hüften liegt. Genau wie früher.

Die Atmosphäre von McCafé gleicht derjenigen eines dieser Möbelhäuser, in denen man eine reiche Auswahl an innenbeleuchteten Glasvitrinen, Jugendzimmern in Buche-Furnier und Türvorlegern mit dem Schriftzug "Hotel Mama" und "Edel-Absteige" findet. Unterstrichen wird diese Anmutung noch durch die rechteckigen Tabletts, die mit Papier belegt sind, das für Tassen mit aufgedrucktem Firmenlogo wirbt - wie in möbelhausinternen Restaurants üblich.

Im zweiten Abschnitt: Warum das Konzept trotzdem Erfolg hat.

Das schlechte Gewissen bleibt aus

Und doch feiert McDonald's mit seinem Konzept Erfolge: Vor allem durch McCafé gelang es der Fast-Food-Kette, die schleppenden Absätze wieder anzukurbeln. Ende 2008 gab es schon 539 Filialen in Deutschland, für 2009 waren insgesamt 100 Neueröffnungen geplant. Und im nächsten Jahr soll nun der erste eigenständige McCafé eröffnen - ohne Pommes-Abteilung.

Die Gründe dafür sind zum einen darin zu suchen, dass Kunstledersessel den Massengeschmack zu treffen scheinen. Es gibt aber noch viele weitere Gründe, warum das Konzept funktioniert: Café in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen (Cappuccino, Latte macchiato, Espresso macchiato, Frappé) ist immer noch ein Trend- und Massengetränk. Das schlechte Gewissen bleibt weitgehend aus, weil sich ein Becher Kaffee immer noch viel gesünder als ein Big Mac anfühlt. Es ist der kleine Luxus, den sich viele Menschen gönnen.

Und der Kaffee, den McDonald's in durchaus hübschen Tassen serviert, ist hervorragend. Die Bohnen werden frisch gemahlen und schmecken kräftig, aber nicht zu säuerlich. Das Verhältnis zur Frischmilch passt. Außerdem sind die Brownies saftig und sehr schokoladig und natürlich ziemlich günstig: 1,69 Euro für ein ordentliches Stück Schokokuchen.

Das schlagkräftigste Argument

In Sachen Qualität kann McDonald's inzwischen also allemal mit den üblichen Coffeeshops mithalten. Was die Auswahl betrifft ebenso: Bagels, Cookies mit weißer Schokolade und Himbeeren, Käse- und Schokoladenkuchen, Fruchtsäfte und Babycino als Geschenk für kleine Gäste. Und sogar die Sprache hat McDonald's an den gängigen Coffeeshop-Slang angepasst: Cappuccino und Latte macchiato gibt es in den Größen "regular", "tall" und "grande". Die Öffnungszeiten sind länger als üblich. Noch dazu ist alles schlicht und ergreifend billiger als bei den anderen Café-Ketten. Dieses Argument dürfte wohl das schlagkräftigste sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: