Süddeutsche Zeitung

Stilkritik: Justin Bieber:Junge von nebenan

Früher hätte es so einer wie Justin Bieber schwer gehabt. Doch der Milchbubi sahnt einen Musikpreis nach dem anderen ab - und ist das ideale Sinnbild für eine neue Zeit.

Martin Zips

Früher, als es das Privatfernsehen noch nicht gab, hätte es so einer wie Justin Bieber auf dem Schulhof schwer gehabt. Babyface. Popper. Heintje. Mehr genervt fühlte sich die Schülerschar nur von frühvergreisten Pfeifenrauchern, die einem in der Pause was von französischen Liedermachern erzählten.

Heute haben sich die Frühvergreisten bei Google Street View ihr Haus pixeln lassen, und die Heintjes fahren Mini, tragen Kaschmir und glotzen amerikanische Endlosserien. Der 16 Jahre junge Justin Bieber liefert den Soundtrack für diese Zeit, in der man in der Kneipe zwar nicht mehr rauchen darf, aber in der Sauna blöd auffällt, wenn man noch Schamhaare am Körper hat.

Bei den American Music Awards hat Bieber gerade wirklich alles abgesahnt, was an Preisen zu holen war. Das wird das ohnehin schon nervtötende Geschrei seiner Groupies dezibelmäßig noch erhöhen. Und was sollen Eltern gegen Songs wie Love Me, Baby und First Dance sagen? Die passen doch gut auf jede Botox-Party. Die kann man auch auf dem iPod hören, wenn man in seinem Lieblings-Spa in Kitzbühel gerade im Schokoladenbad sitzt.

Und, Kinder, versucht es doch mal mit dieser Akne-Creme, für die der Justin immer wirbt! Pickel können einem heutzutage so viel kaputt machen im Leben. Karrieremäßig jetzt.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2010/aro
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