Stilkritik: Fußballschuhe:Des Königs neue Schuhe

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Franck Ribéry wechselte die Farbe seiner Schuhe in dieser Spielzeit so häufig wie andere Fußballer das Trikot. Höchste Zeit für eine farbpsychologische Analyse.

Jürgen Schmieder

In den Siebzigern und Achtzigern, da war Fußball eine ziemlich eintönige Angelegenheit. Alle trugen die gleiche Frisur - bis auf Günter Netzer. Alle ließen sich den gleichen Schnauzbart wachsen - bis auf Günter Netzer. Und alle hatten schwarze Schuhe an den Füßen, verziert entweder mit drei Streifen oder dem Umriss eines Pumas.

Immer wieder neu: die Schuhe des Herrn Ribéry. (Foto: Fotos: dpa, ddp)

Dann jedoch tauchte David Backham auf und sorgte dafür, dass Fußballer nicht mehr nur Fußball spielen müssen, sondern auch jedem möglichen Modetrend zu unterliegen haben. Es gab Beckham-Frisuren in allen möglichen Variationen, das goldene Beckham-Trikot, den Beckham-Lifestyle. Und natürlich waren Beckhams Schuhe nicht mehr in Mattschwarz gehalten, sondern wechselten je nach Laune des Ausrüsters von jungfräulich Weiß zu Farbeimerrot.

Nun hat sich ein Bundesliga-Profi dem Trend des Schuh-Chamäleons angeschlossen, von dem man glaubte, dass ihm Eitelkeit so fern sei wie die Gegner des FC Bayern in der Tabelle: Franck Ribéry wechselte die Farbe seiner Schuhe in dieser Spielzeit so häufig wie der Basketballer Dennis Rodman seine Haarfarbe. Höchste Zeit für eine kleine Stilkritik.

Im Ligapokal spielte der FC Bayern in weißen Trikots, Ribéry trug dazu rote Schuhe. Im Lexikon der Farbpsychologie ist zu lesen, dass Weiß Reinheit verkörpert, Rot Energie und Leidenschaft. Es passte zum Spiel des Franzosen. Mit der Leichtigkeit und Passion eines brasilianischen Beach-Kickers lenkte er die Offensive des FC Bayern.

Es folgte der Auftritt bei Werder Bremen und damit ein Wechsel auf gelbe Schuhe zum roten Hemd. Gelb bedeutet Lebensfreude, aber auch Neid. Die Freude war bei Ribérys genialem Trick vor dem 3:0 zu spüren, der Neid sprach aus den Gesichtern der Bremer Spieler.

Gegen Belenenses Lissabon dann gab es an Ribérys Füßen blaue Schuhe mit schwarzen Stutzen. Abgesehen davon, dass Mode-Ästheten Augenkrebs-gefährdet aus dem Stadion flüchten wollten, steht Schwarz für Dunkelheit und Blau für Ferne. Kein Wunder, dass Ribéry gegen die Portugiesen sein schwächstes Spiel machte. Dann schon lieber in gelben Schuhen zu roten Socken wie gegen Hannover, als Ribéry nicht nur farbpsychologisch, sondern auch fußballerisch energisch und freudig auftrat.

Es scheint, als wäre Ribérys Schuhwahl nicht nur ein Ausdruck von modischem Bewusstsein, sondern durchaus ein Signal auf die Tagesform des Franzosen.

Rein psychologisch würde übrigens ein violetter Schuh (verkörpert Macht) zu einem Trikot passen, das in orange (Vergnügen) und hellblau (Phantasie) gehalten ist. Mal sehen, vielleicht ist diese Kombination schon in Lissabon zu bestaunen.

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