Stilkritik:Die Waschmaschine als Frauenbefreierin

Die Waschmaschine hat mindestens so viel zur Emanzipation der Frau beigetragen wie die Antibabypille.

Martin Zips

Die Waschmaschine, so schreibt das Haushaltswarenfachblatt Osservatore Romano, habe mindestens so viel zur Emanzipation der Frau beigetragen wie die Antibabypille. Das stimmt. Besonders im Vatikan, wo die Pille ja leider verboten ist. Nur Waschmaschinen sind erlaubt. Leider gibt es im Vatikan kaum Frauen, die davon profitieren könnten.

waschmaschine

Die Erfindung der "Rührflügelmaschine" haben wir ausgerechnet einem Theologen zu verdanken.

(Foto: Foto: ddp)

Außerhalb des Vatikans indes können Frauen Beruf und Karriere - dank Erfindung der Waschmaschine - wie auf Knopfdruck miteinander verbinden. Die durch formvollendete Wasch- und Schleuderprogramme gewonnene Freizeit leben emanzipierte Frauen heutzutage gerne in Biomärkten, Dschungelcamps oder Wellnessoasen aus. Womöglich sogar nach regelmäßiger Einnahme von Antibabypillen.

Dass es so weit kommen konnte, haben sie einem Theologen (keinem Katholiken leider, sondern einem Protestanten) zu verdanken: Jacob Christian Schäffern aus Regensburg war es, der die Rührflügelmaschine, den Archaeopteryx aller Zentrifugalautomaten, erfand. Seine 1767 gefertigte Schrift "Die bequeme und höchstvortheilhafte Waschmaschine" gilt noch heute als Meilenstein der Installateur-Prosa.

Giulia Galeotti, Professorin für Zeitgeschichte und Autorin des Artikels im Osservatore Romano, sieht in den Ur-Ur-Ur-Enkeln der schäffernschen Erfindung ein Symbol für die heutige Familie. Auch diese fliege schließlich manchmal auseinander, "als sei ihr Zusammenhalt in eine Schleuder geraten", schreibt Galeotti.

Vorsicht! Diese Bemerkung könnte - im Zusammenhang mit weiblicher Emanzipation geäußert - als subtile Kritik an Waschmaschinen und den durch sie gewonnenen weiblichen Freiheiten verstanden werden. Na, wo seid ihr, ihr Alice Schwarzers und Elke Heidenreichs? Warum gibt es keine Maischberger-Sondersendung zum Thema? Mit Heike Makatsch und Petra Gerster? Und wo ist die saure Gurke wegen Frauenfeindlichkeit an Signora Galeotti? Gibt es denn keinen Aufschrei, keine Empörung?

Nein, gibt es nicht. Und warum? Weil längst auch die Männer waschen, kochen, putzen, bügeln. Und das nicht nur im Vatikan.

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