Stilkritik:Die Vespa

Aus der Not des Krieges heraus geboren wurde der Käfer auf zwei Rädern geboren. Audrey Hepburn verhalf dem italienischen Motorroller zu unsterblicher Beliebtheit.

Eckhart Nickel

Die besten Ideen werden fast immer aus der Not geboren, so auch diese: Als die Ingenieure des Familienunternehmens "Piaggio Air" in Pisa und Pontedera während der letzten Monate des Zweiten Weltkriegs wegen Auftragsstopp und Angriffen ihre Arbeit an den Flugzeugen immer wieder unterbrechen mussten, nutzten sie die Zwangspausen neben der resteverwertenden Herstellung von Suppentöpfen auch zu Design und Umsetzung eines visionären Objekts für die Zeit nach dem Krieg: ein Zweirad als leichtes Fahrzeug für alle.

Stilkritik Vespa

Die Vespa: "absolut ideal für Frauen und Priester".

(Foto: Foto: Werksfoto)

Als Firmenchef Enrico Piaggio den Prototyp musterte, der zunächst unter dem amerikanophilen Decknamen "Paperino" (= Donald Duck) lief, stellte er aufgrund des sprotzelnden Brummens aus dem Motor und der Form erstaunt fest: "Ecco, la vespa". Unter diesem Namen sollte sie fliegen.

Ingegniere Corradino D'Ascanio hatte ganze Arbeit geleistet: Bequem sollte es der Mensch auf dem Motorroller haben, also hatte er ihn um eine entspannt sitzende Figur konstruiert - das führte wegen Kompatibilität mit Röcken dazu, dass es bald hieß: "absolut ideal für Frauen und Priester". Geschützt sollte der Mensch sein vor den Schlaglöchern zerbombter Nachkriegsstraßen - und die Schüsselform war geboren. Die Verwendung leichter und einfacher Materialien hielt die Konstruktionskosten knapp: der Käfer auf zwei Rädern war geboren und stach zu - mitten in die Fifties hinein.

Spätestens seit ihrem Auftritt unter der feingliedrigen Audrey Hepburn in "Ein Herz und eine Krone" war die Vespa berühmt. Die einzige Subkultur mit stilistisch kontinuierlicher Relevanz (Mods) verbringt das halbe Leben auf ihr. Und das 21. Jahrhundert entdeckt sie gerade als Allheilmittel gegen die Parkplatznot in den Städten als Teil des Lad Set neu. Hotelier André Balazs (Mercer, Chateau Marmont) erkundet jeden Sonntag, wie er sagt, "die konstante Evolution Manhattans" mit seiner elfenbeinfarbenen LXV 125. Der Viertaktmotor trägt den sprechenden Namen Low Emission Advanced Engine Range, kurz: L.E.Ad.E.R.

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