Stiftung Warentest: Apotheken:Krank möchte man da nicht sein

In deutschen Apotheken werden Patienten nur schlecht oder gar nicht beraten. Das ermittelte jedenfalls die Stiftung Warentest in einer Studie.

Eine besorgte Mutter kommt mit ihrer dreijährigen Tochter in die Apotheke. Das Kind hat Fieber. Auf die Bitte um ein geeignetes Mittel verkauft der Apotheker ein Präparat - ohne weitere Nachfragen. So will der Herr hinter dem Verkaufstresen weder die genaue Temperatur wissen, noch rät er der Mutter zu einem Arztbesuch.

Apotheke, dpa

In vielen Apotheken werden Ratsuchende mit ihren Problemen alleingelassen, ermittelte Stiftung Warentest.

(Foto: Foto: dpa)

Diese und ähnliche Situationen erlebten die Testkäufer der aktuellen Stiftung-Warentest-Studie häufig. "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Apotheker - genau das haben wir getan und mussten leider viel zu oft feststellen, dass dieser Ratschlag kein guter ist", sagt Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen der Stiftung Warentest.

Besonders schlecht schnitten die 50 getesteten Apotheken bei der Beratung ihrer Kunden ab. Die Tester bemängelten dabei vor allem, das Personal versäume es oft, auf Wechselwirkungen mit anderen Mitteln hinzuweisen. So kann etwa der Stimmungsaufheller Johanniskraut die Wirkung der Anti-Baby-Pille beeinträchtigen.

Während in der Apotheke um die Ecke die Beratung zu heiklen Problemen wie Inkontinenz oft unsensibel und in aller Öffentlichkeit durchgeführt werde, machten die Tester bei den Service-Hotlines der Online-Apotheken noch schmerzlichere Erfahrungen: Teilweise wurden die Patienten dort gänzlich abgewiesen. Mitunter zeige sich hier ein Selbstverständnis als Onlineshop und nicht als Apotheke mit Beratungsverpflichtung, schließt die Studie.

In keiner der Apotheken wurden die Testkunden vollständig über entsprechende Zusammenhänge informiert, in sechs von ihnen blieben solche Hinweise komplett aus. Besonders schlechte Noten bei der Beratung bekamen die 23 Versandapotheken. Ihr Ergebnis könne schon fast "als Katastrophe" bezeichnet werden, sagte Warentester Brackemann. Aber auch das Resultat der Vor-Ort-Apotheken sei "nicht wirklich gut".

Die Tabletten aus dem Internet sind dabei eine zunehmend beachtenswerte Größe: Sie machen zehn Prozent des sogenannten Selbstmedikationsmarkts aus. Grundsätzlich günstiger sind diese Arzneien allerdings nicht: Auch an der altmodischen Medikamenten-Theke wird zunehmend mit günstigeren Preise geworben. Eine attraktive Preispolitik ermöglichen auch die immer häufiger anzutreffenden Kooperationen: Dreißig solcher Apotheken-Verbünde gibt es mittlerweile in Deutschland, alle der 27 vor Ort in Berlin, Essen, Nürnberg und Augsburg getesteten Apotheken gehören zu Zusammenschlüssen.

Insgesamt schnitten sie zwar besser ab als die Konkurrenz aus dem Web - doch auch von ihnen schafften nur sieben die Note "gut", drei erhielten gar ein "mangelhaft". Unter den Versendern wurden sogar acht mit der schlechtesten Zensur bewertet, nur vier erreichten das "befriedigend" und keine einzige wurde als "gut" befunden.

Auf die Apotheker ist also kein Verlass - das kann mitunter auch gesundheitsgefährdende Folgen haben. Angesichts der eklatanten Mängel insbesondere bei der Beratung hielt Brackemann die Patienten dazu an, selbst nachzuhaken: "Fragen Sie aktiv nach Rat", so der Mann von Stiftung Warentest, "wenn Sie Gesundheitsrisiken ausschließen möchten."

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