Sport in der Schwangerschaft:Bloß nichts übertreiben!

Früher war Sport in der Schwangerschaft tabu - das hat sich längst geändert. Doch welche Aktivitäten sind für werdende Mütter gut - und was sollte man lieber bleiben lassen?

Gebina Doenecke

Wenn Frauen ein Kind erwarten, befindet sich ihr Körper plötzlich im Ausnahmezustand. Das Lieblingsessen schmeckt nicht mehr; viele Schwangere kämpfen mit Übelkeitsattacken oder Kreislaufproblemen, fühlen sich schlapp und müde. Da ist die Versuchung groß, plötzlich nur noch auf dem Sofa zu liegen.

Sport in der Schwangerschaft: Lieber ins Wasser als am Wasser entlang: Joggen während der Schwangerschaft kann riskant sein, Schwimmen dagegen wird empfohlen

Lieber ins Wasser als am Wasser entlang: Joggen während der Schwangerschaft kann riskant sein, Schwimmen dagegen wird empfohlen

(Foto: Foto: iStockphotos)

Doch viele Beschwerden lassen sich durch maßvollen Sport lindern. Wie verschiedene Studien zeigen, ist ein gewisses Maß an Betätigung sinnvoll: So können - in der Schwangerschaft verstärkt - drohende Thrombosen verhindert und Wassereinlagerungen reduziert werden. Der Kreislauf bleibt stabiler, Schwangerschaftsdiabetes wird vorgebeut, Rückenschmerzen lassen sich lindern oder, noch besser, gleich ganz verhindern.

Eine aktuelle Studie des Psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln zeigte jetzt sogar die positiven Effekte des Sports auf den Verlauf der Geburt: Dazu wurden 38 Gebärende zunächst während der Schwangerschaft befragt, später wurde ihre Niederkunft bewertet.

Ergebnis: Die aktiveren Frauen benötigten im Vergleich zu den weniger fleißigen Müttern weniger Schmerzmittel, obwohl sie ähnlich hohe Schmerzen empfanden. Außerdem mussten ihre Kinder seltener durch Zangen- oder Saugglockengeburt geholt werden; auch wurden weniger Dammschnitte gemacht.

Doch wie sollen Frauen das Ganze angehen? "Wir empfehlen, moderat Sport zu treiben und nicht bis an die Grenze der Erschöpfung zu gehen", sagt Marion Sulprizio, die die Studie mit betreut hat und an der Kölner Sporthochschule lehrt. Vor allem sollten Frauen ihren Körper selbst einschätzen. Viel hänge auch davon ab, in welchem Umfang die Frauen zuvor trainiert hätten. Generell muss man beim Schwangerensport immer auf den Puls achten, beim Fahrradfahren soll der zum Beispiel nicht über 130 Schläge steigen.

"Wir kümmern uns besonders um den Rücken", erklärt Thomas Loch, der in seinem Personal-Trainings-Studio in Olching bei München Frauen (und Männer) trainiert. Auch wer zu Beginn oft keine Beschwerden habe, dessen - untrainierter - Rücken wird in der Schwangerschaft generell durch das Gewicht des Bauches in eine Hohlkreuzstellung gezogen. Bauchübungen vermeidet Loch, besser sei es, den unteren Rücken, Schultergürtel, Arme sowie Beine zu kräftigen und den Hüftbeuger zu dehnen.

Auf der nächsten Seite: Beine ins Wasser statt Wasser in den Beinen.

Beine ins Wasser!

Beine ins Wasser statt Wasser in den Beinen

Und natürlich gibt es Sportarten, die besser geeignet sind - andere sind es weniger oder können sogar schaden. So raten Ärzte generell meistens von Aktivitäten mit abrupten Bewegungen wie Tennis, Volleyball oder Squash ab.

Auch Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko wie Skifahren, Drachenfliegen, Inlineskaten oder Kampfsport sind nicht zu empfehlen. Zum einen drohen bei einem Unfall direkt Gefahren für Mutter und Kind, zum anderen sind Diagnose- (kein Röntgen!) und Therapiemöglichkeiten (keine Narkosen und Operationen!) schlecht.

Besser sind da gemäßigte Ausdauersportarten wie Walken, Schwimmen oder Aquagymnastik. Denn: Im Wasser belastet nur noch ein Zehntel des Körpergewichts die Gelenke - der dicke Bauch ist weniger spürbar, die Gelenke werden geschont.

Und der Wasserdruck hilft Wassereinlagerungen ein Stück entgegen. Besonders die Beinvenen werden dadurch entlastet.

Dabei empfiehlt sich auch aus anderen Gründen der Gang ins Schwimmbad: Denn laut einer Studie, für die dänische Forscher mehr als 92.000 werdende Mütter zu ihren Freizeitaktivitäten befragten, erhöht Sport - neben den positiven Effekten auf den Körper der Frau - in den ersten Schwangerschaftswochen leider offenbar das Risiko für eine Fehlgeburt.

Natürlich spielt dabei die Dosis eine Rolle: Wer mehr als sieben Stunden die Woche Sport treibt, hat laut den dänischen Wissenschaftlern ein mehr als vier Mal so hohes Risiko, sein Kind zu verlieren.

Immer den Arzt fragen

Für besonders gefährlich - so die Studie - sind Sportarten wie Joggen oder Tennis, aber schon moderaters Walken verdopple zu Beginn einer Schwangerschaft die Fehlgeburtsrate. Nur wer schwimmt, ist demnach den Frauen gegenüber im Vorteil, die sich gar nicht sportlich betätigen.

Eine genauere Nachuntersuchung und Bewertung der Studie steht noch aus, aber eins gilt schon jetzt auf jeden Fall: Bei allem immer den Arzt oder die Ärztin fragen.

"Prinzipiell ist Sport erlaubt, doch besonders bei Vorerkrankungen ist Vorsicht geboten", sagt Sanitätsrat Dr. Werner Harlfinger, Landesvorsitzender der Frauärzte in Rheinland-Pfalz. Zu Krankheiten, die besonderer Aufsicht bedürfen, gehören unter anderem hoher Blutdruck, Gefäß- und Schilddrüsenerkrankungen sowie Diabetes.

Auch wer nach dem Sport Kopfschmerzen, Blutungen oder gar Schmerzen im Unterleib hat, muss sich sofort untersuchen lassen.

Und natürlich gilt: Immer Zeit für Regeneration und Entspannung nehmen. Das Leben mit Kleinkind wird dann nämlich noch anstrengend genug - da kommt die Fitness von allein.

Weiter Tipps unter:

http://www.sportundschwangerschaft.de/

http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/fulltext/118523271/HTMLSTART

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