Süddeutsche Zeitung

Spielplätze:Alles - nur nicht öde

Schaukel, Gerüst, Wackelpferd sind überall Standard. Doch es gibt jetzt Spielplätze, die richtige Geschichten erzählen, zum Beispiel in Berlin.

Interview von Alexa Hennig v. Lange

Zum Beispiel in Berlin, auf der gerade eröffneten Internationalen Gartenausstellung (IGA): Drei ausgefallene Spielplätze (einen Wasser-, einen Waldspielplatz und einen mit Hängematten zum Ausruhen) hat sich Landschaftsarchitektin Kristina Hack mit ihrem Team ausdenken dürfen. Dabei haben sie sich von Motiven aus einem Kinderbuch von Erich Kästner inspirieren lassen. Ein Gespräch über eine besondere Arbeit, und was man dabei - außer Fantasie - noch mitbringen sollte.

SZ: Sie bauen mit Ihrem Team überall in ganz Deutschland Spielplätze. Fahren Sie mit dem Lkw herum und stellen Rutschen, Schaukeln und Wackeltiere auf?

Kristina Hack: Ganz im Gegenteil. Wir setzen alles daran, dass auf unseren Spielplätzen nicht die typischen Geräte herumstehen. Beim Bau von Spielplätzen wird oft viel zu wenig daran gedacht, wie unterschiedlich Kinder spielen: Manche mögen es wild und abenteuerlich, andere eher ruhiger und versteckter. Wir wollen für Kinder Orte gestalten, die sofort ins Auge stechen.

Wie versuchen Sie das hinzubekommen?

Zuerst suchen wir uns ein Oberthema. Meistens nehmen wir ein bekanntes Kinderbuch als Grundlage für unsere Gestaltung. Bei den drei neuen Spielplätzen für die Internationale Gartenausstellung in Berlin haben wir zum Beispiel das bekannte Kinderbuch "Der 35. Mai" von Erich Kästner ausgewählt.

Wie kann man denn aus einem Kinderbuch einen Spielplatz machen?

In dem man die tollsten Szenen aus Holz und Stahl nachbaut. Gerade dieses Buch platzt vor Fantasie aus allen Nähten. So gibt es auf unseren Spielplätzen allerhand zu entdecken und auszuprobieren.

Im Buch erleben Konrad, sein Onkel und das Zirkuspferd Negro Kaballo die verrücktesten Dinge. Gibt es das Zirkuspferd jetzt als Spielgerät?

Na klar. Als eine echte Holzskulptur, mit Rollschuhen und Hütchen. Das Pferd ist überlebensgroß und hat fast schon einen künstlerischen Charakter.

Und was ist mit den polynesischen Riesenameisen?

Die gibt es auch. Ebenso gefährliche Haifischmäuler, aus denen Wasser spritzt und den rostigen Äquator, auf dem es schwierig sein dürfte, das Gleichgewicht zu halten. Aber das absolute Highlight ist der Wal, in dem herumgeklettert werden und jede Menge entdeckt werden kann.

Was denn?

Darmzotten, Hängematten, Strickleitern, ein Walherz und sogar ein goldenes Walbaby. Im Walgehirn gibt es eine alte Wasserspritzpumpe von der Feuerwehr, sodass der Wal Wasser prusten kann. Und wir haben ein Klanginstrument eingebaut, das wirklich Walgesänge nachempfindet.

Wie groß ist denn der Wal?

Wie ein Haus etwa. Die Schwanzflosse ist sieben Meter hoch.

Wie lange haben Sie daran gearbeitet?

Von der ersten Skizze bis zur Fertigstellung durch unseren Holzkünstler Gisbert Baarmann: drei Jahre insgesamt. Allerdings hat er dabei ganz viel Hilfe von Zimmerleuten, Künstlern und einem Bootsbauer bekommen.

Eignet sich denn jedes Buch, um daraus einen Spielplatz zu gestalten?

Im Grunde genommen schon. Allerdings muss die Story auch in die Umgebung passen. Irgendwo in die Berge können wir ja zum Beispiel schlecht einen Wikingerspielplatz hineinbauen. So etwas passt nun mal ans Wasser.

Bei all dem Spaß geht es aber auch um die Sicherheit, richtig?

Oh ja, während wir bauen, kommen ständig Statiker und berechnen, ob der Wal auch hält, wenn 100 Kinder auf ihm herumklettern. Aber man muss aufpassen, dass es bei aller Sicherheit nicht öde wird. Ich finde, dass Hinfallen und Wehtun zum Leben dazu gehören. Dadurch lernt man seine Grenzen kennen.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2017
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