Zu den erfreulichen Entwicklungen in den ansonsten meist unschönen Auseinandersetzungen um Trennung und Scheidung gehört, dass Väter mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, als es die Generation ihrer eigenen Väter getan hat. Gut, mit manchem Trennungsvater geht dabei das männliche Ego durch, das Engagement klingt dann eher nach "Mein Sohn, mein Haus, mein Auto". Aber insgesamt ist der Sound der neuen Väter interessiert, zugewandt, empathisch.
Zu den Neuerungen, die dieser allmähliche Rollenwandel hervorgebracht hat, gehört das Wechselmodell. Gemeint ist damit die nicht nur auf dem Papier geteilte Verantwortung für die Kinder: Nach der Trennung sollen sie idealerweise zur Hälfte beim Vater, zur anderen Hälfte bei der Mutter wohnen. Zwei Kinderzimmer, zwei Kleiderschränke, zwei Playstations. Das kann gut funktionieren, sagen Fachleute - falls sich die Eltern einig sind. Doch an diesem Montag entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH), ob ein Vater das Wechselmodell einklagen kann. Gegen den Willen der Mutter.
Geklagt hat ein Mann aus dem Raum Nürnberg, der seinen minderjährigen Sohn im Wochenturnus bei sich haben möchte. Er sagt: Der Junge würde davon profitieren. Seit er zwei Nachmittage pro Woche bei ihm sei, habe der Junge in Mathe eine Eins. Sie sagt: Der Vater habe sich schon früher nicht gekümmert und halte sich auch heute nicht an Absprachen. Und der Junge? Keine Ahnung, gestand er dem Jugendamt: "Wenn ich zum Papa eine Woche gehen würde, wäre das nicht schlimm, es muss aber auch nicht sein."
Friedensvertrag im Rosenkrieg?
Das Wechselmodell als Friedensvertrag im Rosenkrieg? Bisher haben die Gerichte stets ein Mindestmaß an Kommunikation und Bereitschaft zur Beilegung von Konflikten vorausgesetzt. In Einzelfällen haben sie zwar sanften Druck auf die Eltern ausgeübt, aber generell gilt: Wenn Streit herrscht, dann bleibt das Kind entweder bei der Mutter oder beim Vater. Und im BGH-Fall reicht die Liste der Streitigkeiten zwischen den Eltern vom Besuchsrecht über die Möbel bis zur Tagesbetreuung; nach Kommunikation und Konfliktlösung klingt das nicht. Jedenfalls wartet auch das Bundesverfassungsgericht auf das Ergebnis der BGH-Kollegen, weil es noch in diesem Jahr einen ähnlichen Fall entscheiden will.
Auf anderen Feldern könnten Gerichte und Gesetzgeber allerdings mehr tun, um Väter und Mütter zur gemeinsamen Kinderbetreuung nach einer Trennung zu motivieren. Das gilt vor allem fürs Geld. Wirklich gerecht ist die Aufteilung der Unterhaltsansprüche bisher noch nicht, zumal in den Fällen, in denen ein Elternteil etwa 30 bis 40 Prozent der Betreuung übernimmt. Die Gerichte gewähren hier zwar Abschläge auf die Zahlungspflichten, die aber die Betreuungsleistungen nicht sonderlich exakt abbilden.
Bleibt die Frage, ob das Hin und Her eigentlich gut ist für die Kinder. Diverse Studien geben darüber noch keine letzte Gewissheit, aber eines wird man sagen können. Die Kinder kommen damit klar, solange Vater und Mutter halbwegs miteinander auskommen. Streiten sich die Eltern jedoch, dann leidet die Kinderseele.