Wenn im alten Rom die Sonne so unglücklich stand, dass sie Neros Blick auf die Gladiatorenkämpfe blendete, ließ sich der Kaiser zwei grüne Smaragde reichen, mit denen er seine Augen vor grellem Sonnenlicht schützte. Sehr wahrscheinlich, dass Nero damit einen Trend auslöste, der uns bis heute noch begleitet. Das sieht man, wenn man beobachtet, was die ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen in den aktuellen Arenen dieser Welt, den Büros, Espresso-Bars und Fußgängerzonen, auslösen: Kaum jemand, der sich ohne Eyewear aus dem Haus wagt. Die Branche spricht von einem "phantastischen Wachstum", der Trend gehe gar zur Viert- oder Fünft-Sonnenbrille, das Accessoire habe sich zu einem Ganzjahresprodukt entwickelt. Weil jede Brille ihren eigenen Charakter hat und damit auch am Image ihres Trägers biegt, muss sorgfältig ausgewählt werden. Lieber das niedliche Öko-Modell eines John Lennon oder etwas Kantig-Intellektuelles aus dem Brillenetui von Jean-Paul Sartre? Lolita oder Bushido? Fielmann oder Armani? Und was heißt Ray-Ban eigentlich auf Deutsch? Wirklich nur Strahlenschutz? Das ist aber uncool.
Der Kämpfer
Manche Sonnenbrillen haben nicht nur Filmgeschichte geschrieben, sie haben auch Scharen von Nachahmern gefunden. Dazu zählt das verschärfte Modell, das Arnold Schwarzenegger in Terminator 2 (1991) trägt. Okay, es ist nicht ganz logisch, dass sich ein stahlharter Cyborg-Roboter wie Arnie überhaupt gegen Sonnenstrahlen schützen muss, aber sei's drum: Diese Brille, eine Persol-Ratti vom Typ 58230, verleiht der Titelfigur martialische Coolness und eine raubtierhafte Präsenz. Es geht nicht um Mode, nicht um Ästhetik, schon gar nicht um UV-Filterstufen: Was zählt, ist allein die Außenwirkung. Ein Mann räumt auf, ohne Rücksicht auf Verluste, nur manchmal macht er einen Spruch ("Hasta la vista, Baby!"), doch das Augenzwinkern bleibt hinter dunklen Gläsern verborgen. Erst mit diesem Film, dieser distanzierten Kampfhaltung wurde aus Schwarzenegger eine Stilikone der neunziger Jahre. An den Schläfen gibt diese Brille praktischerweise nach, um mögliche Schläge auf den Schädel abzufedern. Bis heute wird das Arnie-Modell gerne von Männern getragen, die härter wirken wollen, als sie in Wahrheit sind.
Im Bild: Arnold Schwarzenegger in Terminator 2, 1991.
Text: Christian Mayer Foto: AFP