Süddeutsche Zeitung

Sommer in der Stadt:Vanilleeis täglich

Schwimmmeister wie Nadine Buyar müssen sich bei der Arbeit so konzentrieren, dass Handys verboten sind. Immerhin hat sie ein Funkgerät.

Interview von Silke Stuck

SZ: Nennen Sie sich selbst "Bademeisterin"?

Nadine Buyan: Schwimmmeisterin. Genau genommen: Fachangestellte für Bäderbetriebe.

Was finden Sie so toll an Schwimmbädern?

Ich war Leistungsschwimmerin, hatte sechsmal die Woche Training. Meine Eltern haben in meinem Heimatort das Schwimmbad geleitet. Ich bin dort groß geworden, im Sommer haben wir sogar da geschlafen. Später, in München, war mein Vater Leiter vom Dantebad. Meine Mutter ist Chefin vom Cosimabad. Mein kleiner Bruder Leiter des Erdinger Sport-und Hallenbades . . .

. . . verrückt . . .

. . . es kommt noch schlimmer: Mein Ehemann ist Saunameister, meine Schwiegermutter ist Kassiererin im Dante-Bad, mein Schwiegervater arbeitet im Südbad, und die Brüder meines Mannes arbeiten im Westbad in der Technik, der andere im Südbad in der Sauna. Die Frau meines Bruders ist Angestellte im Westbad.

Was ist Ihr meistgesagter Spruch im Freibad?

Ich glaube tatsächlich: Bitte nicht vom Beckenrand springen.

Warum springen trotzdem alle?

Weil es verboten ist. Es kann aber so schlimme Verletzungen geben, weil man nicht sieht, ob jemand am Rand schwimmt. Wenn wenig los ist, drückt der Bademeister schon mal ein Auge zu.

Wie behalten Sie den Überblick, wenn es richtig voll ist?

An einem heißen Tag stehen hier neun Mitarbeiter ums 50-Meter-Becken herum. Man kriegt mit der Zeit einen Blick dafür, wer schwimmen kann und wer nicht.

Und Sie lassen sich nie ablenken von der Sonne oder dem schönen Wetter?

Nein. Handys sind verboten, wir dürfen nicht essen, nur trinken. Und auch nicht Musik hören.

Wie oft müssen Sie Menschen retten?

Etwa zwanzig Mal pro Jahr. Meistens wird die Wassertiefe unterschätzt, oder es geht jemandem die Kraft aus. Leider können viele Kinder nicht richtig schwimmen. Die denken: im Flachen werde ich mich schon irgendwie über Wasser halten. Ich kann denen nur sagen: Macht einen Schwimmkurs, lernt es richtig.

Wie oft sind Sie angezogen ins Becken gesprungen?

Zweimal. Mit Funkgerät und elektronischem Schlüssel in der Hosentasche. Da gab's Ärger vom Chef. Wir lernen bei jedem Rettungsschwimmerkurs, beides vorher abzuwerfen.

Färbt sich nun das Wasser blau, wenn man reinpinkelt?

Nein.

Wie viele tun es trotzdem?

Jeder. Weil man immer ein paar Tröpfchen verliert, sobald man ins Wasser geht. Aber wir haben eine sehr gute Beckenwasserdesinfektion. Und es ist nur ein Tropfen auf viel Wasser.

Aber an einem Sommertag kommt was zusammen.

Es sind leider eher die Erwachsenen, die es laufen lassen. Die Kinder gehen auf Toilette.

Was ist Ihre eigene schönste Freibad-Erinnerung?

Jeden Tag Vanilleeis.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2016
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