Skandal um fehlerhafte Brustimplantate:30.000 Französinnen sollen Silikon-Einsätze entfernen lassen

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Der Verdacht gegen defekte Implantate eines französischen Herstellers erhärtet sich. Das Gesundheitsministerium in Paris reagiert: Die Behörde ruft alle betroffenen Frauen dazu auf, sich ihre Silikonkissen entfernen zu lassen. Auch deutsche Frauen, die diese Implantate in sich tragen, sollten ihren Arzt aufsuchen.

Weil das französische Unternehmen die Herstellungskosten für seine Brustimplantate so gering wie möglich halten wollte, müssen Zigtausende Frauen befürchten, diese Einsparung mit ihrer Gesundheit zu bezahlen. Nun haben die französischen Gesundheitsbehörden reagiert: Sämtliche betroffene Frauen sind dazu aufgerufen, sich die defekten Implantate des Herstellers Poly Implants Prothèses (PIP) wieder entfernen zu lassen. Deutsche Behörden beruhigen, raten Betroffenen jedoch zum vorsorglichen Arztbesuch.

Die Billig-Silikon-Implantate stehen bereits seit 2010 im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Fest steht: Da das Gel flüssiger ist, kann es leichter austreten und in das umliegende Gewebe eindringen. (Foto: REUTERS)

Gesundheitsminister Xavier Bertrand erklärte, "selbst ohne klinischen Hinweise auf einen Verschleiß des Implantats" sei dieser Eingriff ratsam. Bislang hatten die Gesundheitsbehörden den Frauen geraten, ihren Chirurgen oder behandelnden Arzt aufzusuchen, um die Implantate auf ihren Zustand überprüfen zu lassen.

Die Implantate stehen seit 2010 im Verdacht, den Tod mindestens einer Französin verursacht zu haben. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums erkrankten acht Patientinnen, die defekte Brustimplantate aus Silikon eingesetzt bekommen hatten, an Krebs - ohne dass ein definitiver kausaler Zusammenhang hergestellt werden konnte.

Auch Deutsche sind betroffen

In Frankreich ließen sich etwa 30.000 Frauen Silikonkissen des Unternehmens PIP einsetzen. Schätzungen der französischen Zulassungsbehörde zufolge handelte es sich in den meisten Fällen um eine klassische Brustvergrößerung - bei etwa 20 Prozent der Frauen wurde die Brust nach einer Krebsoperation wieder aufgebaut. In Frankreich sollen insgesamt eine halbe Million Frauen Brustimplantate tragen.

Dem Gesundheitsministerium in Paris zufolge bestehe zwar nach Einschätzung des Nationalen Krebsinstituts (INCa) "bislang kein erhöhtes Krebsrisiko" für Frauen mit PIP-Einlagen gegenüber anderen Implantaten. Allerdings gebe es bei den PIP-Prothesen das Risiko von Rissen und in der Folge auch von Entzündungen, wodurch die Entfernung der Einlagen erschwert werde.

Die meisten Brustimplantate, die PIP seit 2001 produzierte, waren nicht mit dem vorgesehenen Silikongel gefüllt. Stattdessen hat das Unternehmen für die meisten Implantate ein billiges Industriesilikon verwendet - um Kosten zu sparen.

Insgesamt hat das Unternehmen aus Südfrankreich nach eigenen Angaben seit 1992 mehr als 200.000 Brustimplantate verkauft. Auch Tausende Patientinnen in anderen europäischen Ländern wie Spanien und Großbritannien sind betroffen. Offenbar wurden die fehlerhaften Billigimplantate auch nach Deutschland exportiert, so dass nun auch in der Bundesrepublik Frauen um ihre Gesundheit fürchten müssen.

Nach Informationen des Magazins Focus könnten in Deutschland 7500 Frauen minderwertige Silikon-Implantate erhalten haben. Für einige von ihnen wurde der Albtraum bereits Realität: "Bundesweit sind uns 19 Fälle bekannt, bei denen Implantate des Herstellers PIP in der Brust gerissen sind", sagte Maik Pommer vom zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Die Behörde empfiehlt den Betroffenen, ihr behandelndes Krankenhaus oder ihren Arzt aufzusuchen. Pommer sagte, die Entfernung der Implantate werde aber nicht pauschal angeraten. Ganz wichtig ist, dass es immer eine individuelle Risikoabwägung geben muss. Das steht im Vordergrund." Pommer sagte, die Empfehlung zum Arztbesuch habe keinen "Notfallcharakter".

© sueddeutsche.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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