Singles und Paare:Endlich (k)einer, der abends zu Hause wartet!

Das Gras auf der anderen Seite ist grundsätzlich grüner. Das zeigt sich besonders, wenn es um den Beziehungsstatus geht. Über Singles, Paare und Dinge, um die sie einander beneiden.

Von SZ-Autoren

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Sonntage allein im Bett, Urlaub im Einzelzimmer, Serienabende ohne Partner: Was sich für manche traurig anhört, klingt für andere verführerisch. Denn oft sind die Dinge, nach denen sich Singles sehnen, dieselben, die Paaren unheimlich auf die Nerven gehen.

Die folgenden Beispiele zeigen, dass Zufriedenheit weniger mit dem Beziehungsstatus zusammenhängt - sondern häufig eine Frage der Einstellung ist. Weil das Gras in Nachbars Garten grundsätzlich ein bisschen grüner ist. Egal, auf welcher Seite des Zauns man gerade wohnt.

Sonntags zu zweit sein

Ich brauche keine Beziehung, ich kann total gut allein sein, ich bin glücklich als Single, echt jetzt. Außer am Sonntag vielleicht. Da würde ich zum Frühstück gerne Obst aufschneiden und für dich die selbstgemachte Marmelade meiner Oma auf den Tisch stellen, die ich ewig nicht aufbrauche, weil ich morgens herzhaft esse. Da würde ich gerne die Sonntagszeitung mit dir teilen. Spontan an den See fahren oder den ganzen Tag im Bett verbringen. Stattdessen kaufe ich um die Ecke einen Kaffee im Pappbecher, gehe ziellos spazieren und gucke mir an der Isar die vorbeilaufenden Pärchen an, die in meinen Augen so aussehen, als ob sie glücklicher nicht sein könnten. Ich brauche keine Beziehung, ich kann total gut allein sein, ich bin glücklich als Single, echt jetzt. Außer im Urlaub vielleicht.

Endlich mal allein sein

Der Arbeitstag war lang, schnell nach Hause, Pizza in den Ofen, Beine hoch, Glotze an. Plötzlich geht die Tür auf. Der Partner will jetzt ganz dringend von seinem Tag erzählen. Überhaupt war man doch zum gemeinsamen Essen verabredet. "Wir haben die ganze Woche noch nicht richtig geredet und ich hab' Salat gekauft", sagst du und setzt dich neben mich. Weil ich nicht reagiere, beginnst du, die Sendung zu kommentieren. "Was macht die da? Warum schaust du das an? Du findest solchen Trash doch nicht ernsthaft lustig?" Natürlich ist es schön, dass jemand da ist, wenn man nach Hause kommt. Dass jemand für einen kocht und sich den Ärger mit der Chefin wieder und wieder anhört. Dass jemand spontan mit einem ins Kino geht. Nur manchmal will man nur: Ruhe. Will allein vor dem Fernseher sitzen und mit niemandem reden müssen. Will sonntags spontan mit der Freundin in die Berge. Ohne den Freund mitschleppen zu müssen, obwohl er wandern hasst. Ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, dass man manchmal allein über sein Leben entscheiden will. Ganz ohne Kompromisse.

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Hochzeiten - nur als Randfigur

Nirgends wird einem die eigene Unvollständigkeit derart brutal vorgeführt wie auf einer Hochzeit. Klar, man weiß, dass mindestens ein Drittel der Ehen wieder geschieden werden. Aber an diesem Tag wird die Zweisamkeit glorifiziert, die romantische Liebe beschworen - und selbst, wenn man das alles für kolossal verlogen hält, ist es unmöglich, dem zu entgehen. Ob man an den Singletisch gesetzt oder unauffällig zwischen die Pärchen gemischt wird, ist egal. Dass man nicht dazugehört, weiß man spätestens, wenn der DJ schnulzige Balladen spielt, zu denen sich Pärchen über die Tanzfläche wiegen, während man selbst am Rand steht, halbgar mitwippend.

Hochzeiten - nur mit Hintergedanken

Neulich am Wochenende. Hochzeit auf einem Weingut. Fachwerkhäuser, eine Trauung zwischen Reben, perfekt weiß-blauer Himmel. "Ohne Dich hätte ich nicht gewusst, wie schön es ist, auch einfach mal nichts zu machen", haucht die Braut, während der Bräutigam Tränen der Rührung unterdrückt. Ein paar Reihen weiter hinten versuchen wir uns möglichst leise hinzusetzen. "Weil du einfach nie pünktlich sein kannst", sagt der wütende Blick neben mir, während ich mich frage, wie du ernsthaft diese Krawatte aussuchen konntest. Spätestens beim zweiten Gang flüstere ich angesichts der Fülle an Glück: "Sollen wir nicht doch auch?" Und du antwortest: "Aber dann müssten wir meine sieben Tanten auch einladen." Dann eben nicht. Wäre schön, wenn man Hochzeiten ohne Hintergedanken genießen könnte. Keine Vergleiche mit dem eigenen Beziehungsalltag, einfach essen, tanzen und träumen, dass man irgendwann den Partner trifft, mit dem immer Hochzeitstag ist. Bis man zwei Wochen später das Brautpaar wieder trifft und sie von den Flitterwochen erzählt: Ganz schön, aber auch bisschen fad. Weil er eben am liebsten nichts macht.

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Tinder, wie nervig

"Tinder? Das geht doch Schwuppdiwupp, oder?", fragen mich meine seit Beginn des Smartphone-Zeitalters verpartnerten Freunde und tun so, als seien sie neidisch. Ein bisschen Hin-und-Her-Gewische, denken sie, dann folgen: intelligent-humorvolle Nachrichten, ein bis fünf Drinks und danach wahlweise ein One-Night-Stand oder die ewige Liebe. Aber das entspricht nicht der Wahrheit. Tinder ist nicht so unkompliziert, wie die Langzeit-Vergebenen glauben. Nichts da mit flotter Terminvereinbarung, um sich so schnell wie möglich im Reallife kennenzulernen. Stattdessen werden konventionelle Begrüßungen wie "Hi", "Hey" und "Na du" immer öfter von tiefsinnigen Fragebögen verdrängt: "Wovor hast du Angst? Was ist das Verrückteste/Gefährlichste/Unvernünftigste, das du jemals gemacht hast?". Dazu wird man mit Entscheide-Dich-Spielchen getestet: Hundemensch oder Katzenmensch? Fünf-Sterne-Hotel oder Zelt? Yoga oder Klettern? Sich derart mit sich selbst auseinanderzusetzen, ist furchtbar anstrengend. Dann lieber der Satz, den die Hauptfigur aus der US-Serie "Master of None" stets als erste Tinder-Nachricht verschickt. Er tut so, als sei man längst zusammen und schreibt: "Schatz, ich geh' kurz einkaufen, brauchst du was?"

Tinder, wie aufregend

Meine Freundin hat einen neuen Bekannten. "Woher hast du den schon wieder?", frage ich. "Tinder", sagt sie und lächelt verheißungsvoll. Und mal wieder komme ich mir vor, als würde ich auf dem Mond leben. Natürlich weiß ich, was Tinder ist, wie es funktioniert und dass man beim Foto-Hin-Und-Herwischen eher selten den Mann fürs Leben findet. In der Theorie. In der Praxis habe ich meinen Freund vor ziemlich langer Zeit in der Arbeit gesehen und in einem Club näher kennengelernt. So wie man das eben gemacht hat, als Online-Dating noch eine Nische für alle die war, die im echten Leben zu schüchtern waren. Bevor zwölf Millionen Deutsche 2500 verschiedene Datingportale für die Partnersuche genutzt haben und ein Drittel aller Ehen im Netz seinen Anfang nahm. Bei solchen Zahlen wir mir dann immer ein bisschen schwindelig. Nicht dass ich unzufrieden wäre, aber diese Fülle an Möglichkeiten ist doch irgendwie beeindruckend. Und seitdem ich manchmal mit dem Profil meiner Freundin für sie tindern darf, kann ich verstehen, dass das süchtig macht. Also machen könnte.

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Zuzug ins Einsiedlerbett - möglich

Ich wohne in meinem Bett. Dort findet sich alles, was man zum Leben braucht: Laptop, Bücher, Mehrfachsteckdose, Snacks, dazu Decken und Kissen, die für eine Großfamilie ausreichen würden. Mein Bett gehört mir alleine. Niemanden nerven die Podcasts, die ich zum Einschlafen höre. Niemand stört sich daran, dass ich morgens mindestens fünfmal auf "Schlummern" drücken muss. Wie schön! Oder rede ich mir das nur ein? Bin ich als Alleinherrscherin in meinem Bett wirklich so souverän? Oder wäre es - aus Gründen der Gewaltenteilung - geboten, jemanden anderen dazuzuholen? Wird ja einsam auf die Dauer. Und kalte Füße hab ich auch manchmal. Wie wäre es mit jemandem, der für Ordnung sorgt und mir das mit den Snacks verbietet? Ich bin bereit, Kompromisse einzugehen - außer bei der Schlummertaste.

Auszug aus dem Gemeinschaftsbett - denkbar

Das Buch ist irre spannend, ich freue mich seit Stunden darauf. Kaum habe ich es mir mit Teetasse und Kissenbergen im Bett gemütlich gemacht, plumpst jemand neben mir auf die Matratze. Erste Frage: "Liest du noch lange?" Zweite Frage: "Kannst du das Licht vielleicht wegdrehen?" Fünf Minuten später kauere ich mit einer Stirnlampe unter der Decke, ruiniere beim Umblättern die Seiten und ringe um Sauerstoff. Entspannt lesen im Bett hatte ich mir anders vorgestellt. Dann lieber Licht aus und schlafen. Wenn das möglich wäre. Du leidest anscheinend unter akutem Sauerstoffmangel, röchelst und grunzt. Also Ohrenstöpsel in die Gehörgänge. Gerade am Einschlafen, wird das Bett erschüttert. Du hast dich umgedreht - offenbar durch eine Luftrolle. 30 Kilo Gewichtsunterschied sind ein guter Grund, nicht nur getrennte Matratzen anzuschaffen. Sondern besser gleich ein eigenes Bett. Am liebsten ein eigenes Zimmer. Und wenn das so weitergeht, ziehe ich sowieso aus.

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Getippe, ja bitte

Einmal im Jahr fahre ich mit meinen besten Freundinnen in die Berge. Einmal im Jahr enden meine Tage damit, dass wir uns irgendwann gute Nacht wünschen, uns in unseren Stockbetten umdrehen - und ich schnell die Augen schließe, um nicht das verräterische Leuchten zu sehen, das jetzt ihre Kopfenden erhellt. Sie schreiben, natürlich, ihren Männern. Wahrscheinlich schicken sie Fotos von der Wanderung. Und kriegen im Gegenzug warme Worte gegen den Muskelkater. Klar, ich könnte jetzt meiner Mutter schreiben, lieben Freunden, oder dem Typen aus der Kneipe letztens, der immer sofort auf meine Nachrichten reagiert. Aber tatsächlich kann nichts davon mithalten mit diesem Ein-Mann-Cheerleader-Squad für die Hosentasche, der bei Bedarf Mitleid und Anfeuerungsrufe schickt oder, wenn es sein muss, auch mal ein Herzchen mit Funkelstern.

Getippe, nein danke

An einem Wochentag bis nachts um 1 in der Kneipe hängen bleiben? Kein Problem. Nach der Arbeit spontan an den See? Easy. Pläne umzuwerfen sollte drin sein, in einer Beziehung mit einem durchschnittlich flexiblen Menschen. Nur: Wer kein Drama am Bein haben will, muss WIRKLICH IMMER BESCHEID SAGEN. "Du, ich würde noch mit den anderen in den Biergarten", schreibe ich also. Und er antwortet: "Wolltest du heute nicht im Schlafanzug auf dem Sofa sitzen und heißen Pudding essen bis du Bauchschmerzen bekommst?" - "Ach, das geht auch morgen. Oder wolltest du mitmachen?" - "Nein, passt schon!" - "Du kannst auch einfach dazukommen!" - "Weiß nicht, vielleicht?" So geht es weiter, bis die Spontaneität halbtot in der Ecke liegt und greint. Wie sehr beneide ich Single-Kollegen, die nach der Arbeit ein Bier trinken gehen, ohne hektische Nachrichten in ihr Telefon zu tippen. Weil nur sie selbst ihre Pläne kennen. Fühlt sich das nicht nach ultimativer Freiheit an?

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Leben als Vorsitzender des Messi-Vereins

Endlich die Steuerberaterin anrufen, die Küche putzen, die Pfandflaschen wegbringen, spätestens heute den Flug nach Barcelona buchen, sonst wird der doch nur teurer, und der tropfende Wasserhahn repariert sich auch nicht von selbst: Wie schön wäre es, wenn ich bei den lästigen kleinen Verpflichtungen, die den Alltag prägen, nicht auf mich alleine gestellt wäre. Aufgeteilt nach Begabung, Körperkraft, Geschick oder einfach fifty-fifty: Eine To-Do-Liste mit 40 Projekten ist ein Riesenberg, der sich kaum erklimmen lässt. Zweimal 20 Projekte sind kleine Hügel, die sich spielend leicht nehmen lassen.

Leben mit dem Vorsitzenden des Messi-Vereins

Ich habe einen Traum, der geht so: Wenn ich morgens die Wohnung verlasse, ist sie aufgeräumt und gelüftet. Das ist sie noch immer, wenn ich abends zurückkehre. Und am nächsten Morgen erwache. Und so sieht die Realität aus: Ich lebe mit dem mutmaßlichen Vorsitzenden des Messi-Vereins unter einem Dach. Eine Skulptur aus getragener Kleidung neben dem Bett, Schichten von Unterlagen auf dem Schreibtisch, im Badezimmer ... ach, lassen wir das. Ich war früher der naiven Ansicht, dass man zu zweit den Haushalt doppelt so schnell schafft. Inzwischen weiß ich: Je nach Partner hat man unter Umständen doppelt so viel Arbeit. Du behauptest, ich würde ständig aufräumen. Da hast du recht. Allerdings ist es unfair zu folgern, dass mir das Spaß machen würde. Vielleicht sollte ich das Schloss auswechseln. Dann wird mein Traum endlich wahr.

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Ständig Sex? Von wegen.

Natürlich kann man ständig Sex haben. München ist die Single-Hauptstadt. Sich einfach jemanden aufreißen, vielleicht in diesem neuen Elektro-Club, von dem jetzt immer alle reden. Theoretisch. Praktisch will am Freitag niemand mit mir weggehen, weil alle so "erschöpft von der Woche" sind. Praktisch wird man auf Kindergeburtstage eingeladen oder auf ein Essen bei Freunden, Anzahl der Singlemenschen dort: null. Aber selbst wenn, seien wir ehrlich: Wirklich guter Sex bei einem One Night Stand ist so wie gutes Wetter beim Sommerurlaub an der Nordsee. Soll es geben, ist aber unwahrscheinlich.

Ständig Sex? Von wegen.

Natürlich hat man Lust auf Sex. Aber nicht immer auf den eigenen Partner. Nur weil es von einem erwartet wird, heißt es ja nicht, dass man seine Bedürfnisse immer und ausschließlich in der Beziehung ausleben möchte. Jedenfalls nicht, wenn man könnte wie man wollte. Es kommt mitunter vor, dass man ziemlich wuschig ist. Aber dann schaut man rüber auf die andere Seite des Bettes - und da liegt es dann, das Problem. Und kratzt sich am Sack. Was soll's - manchmal muss man nehmen, was man kriegen kann. Das war zu Singlezeiten auch nicht anders.

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Quelle: Illustration Jessy Asmus

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Wenn man alleine ist und isst

Klar, ich könnte die Reste einfrieren, sie dem Nachbarn bringen, Freunde einladen oder einfach doppelte Portionen essen. Es gibt viele Gründe, aufwendig zu kochen - auch wenn man alleine ist und isst. Aber wie viel besser wäre es, wenn ich mich nach Feierabend mit dir im Supermarkt treffe. Wenn wir uns schon den ganzen Tag SMS geschrieben und überlegt haben, was wir heute Abend essen sollen. Wenn wir vor den Regalen alle Pläne wieder streichen und uns für etwas ganz anderes entscheiden. Wenn wir schnibbeln, braten und abschmecken. Wenn ich dann am Essenstisch oder auf dem Sofa in deinen Augen sehe, wie sehr es dir schmeckt und wie glücklich wir sind.

Wenn man zusammen keinen Lauch mehr isst

Es gibt Leute, die mögen keinen Rosenkohl. Oder keinen Thunfisch. Du bist komplizierter und hast eine neue Lebensmittelkategorie eingeführt, sie heißt: labberig. Es geht weniger um den Geschmack, als um die Konsistenz. Pilze sind Feinde, Spargel geht auch nicht, und niemals im Leben würde ich Lauchsuppe kochen. Gekochter Lauch ist deine Nemesis. Weil ich lieber mit dir zusammen Nahrung aufnehme als alleine, habe ich ewig keine Pilze mehr gegessen, Spargel nur im Restaurant und wenn wir Gemüsepfanne (ohne Lauch) machen, dünsten wir nur ganz kurz, so dass es beim Kauen knackt und kracht. Ich mag labberig, für dich verzichte ich darauf. Aber ich verzeihe dir. Denn ich bin Vegetarier. Und abgesehen von der kleinen Packung Roastbeef, die sich manchmal verschämt in eine Ecke des Kühlschranks kauert, machst du zweifellos den größeren Kompromiss.

© SZ.de/olkl/afis/vs/feko/ick/lgu/mane
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