Elinor Eidt, 30, lebt in Berlin
Elinor Eidt, 30, lebt in Berlin, und spielt mit in: "Die Fallers", "Sturm der Liebe", "Im Labyrinth des Schweigens".
(Foto: Stefan Klüter)Spielt mit in: "Die Fallers", "Sturm der Liebe", "Im Labyrinth des Schweigens"
Das ist passiert: Ich sollte eine junge Frau spielen und möglichst naiv wirken. Der Dramaturg forderte mich auf, mich auf seinen Schoß zu setzen. Ich sollte den Vater in ihm sehen. Ein anderes Mal, in einer Sexszene, ging es nicht heftig genug zur Sache. Der Regisseur rief: "Mehr Einsatz unter der Bettdecke". Und oft stecken einem die Kollegen die Zunge in den Hals, obwohl es das für den Kuss auf der Bühne nicht braucht.
Das passiert ständig: "Jetzt mach doch mal eine Saftkur", "Nimmst du zu viel vom Buffet, nehm ich dir die Hälfte wieder weg", das hört man ständig. Nie ist man dünn genug.
Das frage ich mich: Wo fängt die Rolle an und wo hört sie auf? Wo hört die Professionalität auf und wo fängt die persönliche Lust an? Weiß keiner.
Das ärgert mich: Mit Sprache fängt Sexismus an. In Drehbüchern mit offenen Rollen kann der Regisseur frei wählen, welche Textpassagen er welchem Geschlecht zuteilt. Er könnte es. Er tut aber immer das gleiche: Der Schauspielerin teilt er die naiven, kümmernden Sätze zu, dem Schauspieler die mutigen und intelligenten Sätze. Eine starke Frau will sich kaum ein Regisseur vorstellen.
Das lässt mich hoffen: Die Regisseurinnen wollen sich starke Frauen vorstellen. Sie führen anders Regie. Beispielswiese sehen Frauen Erotik oft schon in einem Blick oder einer Berührung. Männer sehen Erotik meist erst im Wilden. "Streich' ihm über die Wange", sagt die Regisseurin. "Schieb ihr die Hand unter die Bluse", sagt der Regisseur.
Friederike Maria Nölting, 27, lebt in Berlin
Friederike Maria Nölting, 27, lebt in Berlin, und arbeitet als freiberufliche Schauspielerin und Synchronsprecherin an wechselnden Theatern.
(Foto: Julia Tänzer)Arbeitet als freiberufliche Schauspielerin und Synchronsprecherin an wechselnden Theatern in und um Berlin. Zuletzt spielte sie am Berliner Ensemble in "Faust" und der "Dreigroschenoper".
Das ist auf dem Weg ins Theater passiert: Ich lief durch die Bahnhofshalle, da greift mir ein Kerl in den Schritt und ruft: "Alles Fotzen hier."
Das hat mich geärgert: Ich hatte "Arschloch" auf der Zunge und konnte es nicht sagen.
Auch das ist auf dem Weg ins Theater passiert: Weil der Kerl von der Mitfahrgelegenheit mich von zu Hause abgeholt hatte, sagte er: "Ich habe was für dich getan, jetzt können wir zusammen doch ein bisschen mehr tun." Ich hatte den ersten Fuß schon auf den Asphalt gesetzt, da lachte er und sagte: "Sehe ich wie ein Vergewaltiger aus?" - "Mit 'wir machen ein bisschen mehr', meinte ich, die Fahrt kostet dich mehr. 13 statt 10 Euro."
Das ärgerte mich: Ich stieg wieder ein und schämte mich für mein Verhalten.
Das ist im Theater passiert: Für sechs Wochen langes Proben mit Sechs-Tage-Woche bot man mir zuletzt 1000 Euro Bruttogehalt. Als ich mit dem Regisseur darüber verhandeln wollte, sagte der: "Du bist eine Frau. Du wirst immer weniger verdienen als ein Mann."
Nele Kiper, 34, lebt in Köln
Nele Kiper, 34, lebt in Köln, und spielt mit in "Inga Lindström - Das Postboot in den Schären", "Hochzeit in Rom" und "Der Gute Bulle".
(Foto: Fabian Stuertz)Spielt mit in: "Inga Lindström - Das Postboot in den Schären", "Hochzeit in Rom", "Der Gute Bulle"
Das ist passiert: Mein damaliger Agent sagte zur mir "Zieh dich sexy an, wecke den Beschützerinstinkt bei den Männern."
Auch das ist passiert: Beim Casting für einen Horrorfilm rief der Regisseur: "Zieh dein T-Shirt hoch, beweg dich noch ein bisschen sexier." Meine zwei Schauspielkollegen beorderte der Regisseur direkt zu sich nach Hause. Sie sollten zur Probe Knutsch- und Nacktszenen auf seinem Bett drehen. Er wolle sich überzeugen, dass die Chemie zwischen den beiden stimme. Das Video zeigte er danach allen möglichen Leuten und machte Sprüche über die Brüste der Frau.
Und das ist passiert: Ein Regisseur sah mich in der Hauptrolle für seinen neuen Film. Abends bei Pizza und Wein wollte er mit mir darüber sprechen. Um 20 Uhr ging es am Ku'damm noch um das Drehbuch und die Rolle. Um 22 Uhr ging es um die Frage, ob ich mit zu ihm komme. Ich sagte "Nein". Gehört habe ich nie wieder von ihm, bekommen hat die Rolle eine andere.
Das ärgerte mich: Ich schämte mich. War es meine Schuld, dass ich reduziert wurde? Sollte ich aufhören mich zu schminken, mich unauffälliger kleiden?
Das habe ich gelernt: Sich immer mittags verabreden.