Promis:Da wölbt sich doch was

Helene Fischer Auftritt in Berlin
(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Schwanger oder etwa nicht? Warum wir es nicht lassen können, bei Frauen auf die Körpermitte zu starren. Über das oft trügerische Bauchgefühl.

Von Christian Mayer

Der Schein trügt, jedenfalls kann er trügen. Und deshalb ist die Frage, ob es vielleicht stimmen könnte, dass die Kollegin ein Kind erwartet, immer eine delikate Angelegenheit - zumindest für all diejenigen, die noch ein Mindestmaß an Zurückhaltung kennen und nicht in die peinliche Situation geraten wollen, voreilig zu gratulieren. Andererseits kennt man das ja: Der eine Kollege, der auch sonst nie im Konjunktiv spricht, sondern immer in lauten, forschen Hammersätzen, prescht irgendwann vor, zieht von Büro zu Büro, auf der Suche nach einer Quelle, die ihm die Situationsnachricht bestätigen könnte. Er wird keine Ruhe geben, bis sein Klatschbedürfnis gestillt ist, mit dem Ergebnis, dass mindestens zwei Dutzend Leute bei nächster Gelegenheit die Körpermitte der Zielperson in Augenschein nehmen wollen.

Vielleicht könnten die lieben Kollegen zur Abwechslung auch mal die wachsenden Männerbäuche im Büro begutachten, die sind mindestens genauso spektakulär in der Anmutung, allerdings selten ein Thema. Nur ganz frivole Beobachter würden einem Mann in den besten Jahren zu seiner neuen Unwucht in der Körpermitte beglückwünschen oder den fidelen Wampenträger durch schamloses Glotzen in Verlegenheit bringen.

Alte Regel: Je dreister die Unterstellung, desto schleimiger die Formulierung

Frauenbäuche sind dagegen offenbar Allgemeingut. Glaubt man den einschlägigen Magazinen, dann sind Amal Clooney, Herzogin Kate, Jennifer Lawrence oder Scarlett Johansson pausenlos damit beschäftigt, mit diversen Verhüllungstechniken ihre Schwangerschaften zu kaschieren, egal ob sie echt oder erfunden sind. Für das, was man mit bloßem Auge zu erkennen glaubt, hat der Boulevard ein paar bewährte Standardfloskeln. Die Rede ist meist von einem "süßen Geheimnis", das sicher bald gelüftet wird, von einer "leichten Wölbung" und einem "ungewöhnlich luftig" geschnittenen Kleid, verbunden mit der Bemerkung, dass sich die Mutter in spe ja schon so lange Kinder gewünscht habe. Alte Regel: je dreister die Unterstellung, desto schleimiger die Formulierung. Besonders fantasievoll gehen die Oberflächenbetrachter jedenfalls nicht zu Werke.

Die Sängerin Helene Fischer steht in Deutschland unangefochten auf Platz eins der angehenden Mütter; im Grunde ist sie seit mindestens zehn Jahren durchgehend schwanger, was ihr trotz ihrer Athletik die Dimension eines Fesselballons verleihen würde. Erst war Florian Silbereisen der Vater-Kandidat, später übernahm ihr neuer Lebensgefährte Thomas Seitel die Rolle. Doch kürzlich hat Helene Fischer nach der Enthüllung in der Bild-Zeitung offiziell bestätigt, dass sie jetzt wirklich ein Kind kriegt. Rosige Zeiten? Nicht so ganz, denn Helene Fischer musste sich erst mal auf ihrem eigenen Instagram-Kanal den Baby-Frust von der Seele schreiben - durch Indiskretionen aus ihrem "näheren Umfeld" sei die Nachricht öffentlich geworden, das mache sie "wütend und traurig zugleich".

Dass Helene Fischer darum bittet, ihre Privatsphäre zu achten, hat das Getöse nur noch einmal befeuert. Es ist ungefähr so, als würde man einem Hund seine Lieblingsspeise vor die Nase setzen und zugleich verlangen, dass er nicht sabbern darf. Klar, dass die Bild-Zeitung bereits Beweisaufnahmen des "Sieben-Monats-Bäuchleins" präsentiert und sich am "Mutterglück" der 37-Jährigen ergötzt.

Früher gab es in deutschen Adelshäusern die Tradition, die Geburt eines Thronfolgers mit ein paar Dutzend Salutschüssen zu feiern. Helene Fischer, die Königin des deutschen Schlagers, hat ihr eigenes Feuerwerk längst gezündet, in ihrem neuen Song beschwört sie die große Liebe: "Weil meine Welt mit jedem Donner bebt. Weil diese Endorphine nie mehr gehen, weil unsere Körper sind wie ein Magnet. Will ich dich. Willst du mich. Aus dem Nichts. Wie ein Blitz."

Jetzt ist bald alles raus. Hoffentlich. Weitere süße Geheimnisse werden folgen, neue Wölbungen sichtbar werden und über Nacht verschwinden, es hört ja nie auf, weil die Menschheit schon immer fixiert auf die Körpermitte war. Und auch der Kollege, der immer etwas mehr zu wissen glaubt als die anderen, biegt schon wieder um die Ecke. Ganz atemlos.

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