Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.
Liebe Leserin, lieber Leser,
kennen Sie die Angst vor der „Ex“?
Ich schon. Ich ging in Bayern zur Schule und in diesem Bundesland ist die sogenannte Stegreifaufgabe (lateinisch Extemporale und deswegen für Jugendliche eine Ex) bis heute das Mittel der Wahl, um den Wissensstand der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen. Unangekündigt, schriftlich, benotet. Das führte dazu, dass die letzten fünf Minuten einer großen Pause oft jemand die anderen mit „Ich glaub', die Frau D. schreibt gleich eine Ex“ in Panik versetzte und der ein oder andere versuchte, sich in einer Flurecke noch schnell ein paar Fakten zur Plattentektonik ins Hirn zu hauen. Zu meiner Zeit gab es auch Lehrkräfte, die - wenn Ihnen die Klasse zu sehr auf der Nase herumtanzte - leere Blätter austeilten, fünf Fragen an die Tafel schrieben und das zu einer benoteten Prüfung erklärten.
Wie lernen Kinder am besten?
Es ist eine große Frage, die leider oft auf diese sehr viel kleinere Frage reduziert wird: Wie bringt man Kinder dazu, den Hefteintrag von Montag am Donnerstag reproduzieren zu können? Bayerns Kultusministerin Anna Stolz zeigte sich kürzlich offen dafür, über Sinn und Unsinn der aktuellen Prüfungskultur zu diskutieren, wurde aber von Ministerpräsident Markus Söder zurückgepfiffen.
Meine Kollegin Lilith Volkert nahm den Konflikt zum Anlass, sich genauer anzuschauen, wie man Schüler zum nachhaltigen Lernen bringt. Nach Gesprächen mit zahlreichen Experten und Wissenschaftlern kam sie zu dem Schluss: „Die Debatte in Bayern ist alles andere als auf der Höhe der Zeit.“ Ich empfehle Ihnen den Text sehr, genauso wie ihren Kommentar dazu. Darin wundert sich die Autorin über eine Bildungspolitik, die so gar nichts von den Schulen lernen will, die als herausragend gelten und in Vergleichen am besten abschneiden. Denn es sind eigentlich nie Notendruck und eine harte Prüfungskultur, die zu Bestleistungen motivieren.
Heute bin ich Mutter von zwei Kindern, denen täglich Exen drohen. Dazu, wie Eltern mit dem Druck umgehen sollen, ob es hilfreich ist, mit dem Nachwuchs zu lernen und wann Erwachsene sich besser raushalten, verlinke ich Ihnen diesen Text.
Ein schönes Wochenende wünscht,
Barbara Vorsamer