Schön doof:Männliche Zickenkriege

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Illustration: Bene Rohlmann (Foto: N/A)

In den USA fallen die Anhänger zweier Studienrichtungen zum Thema Männlichkeit übereinander her. Doch trotz all dem Furor liegt das Problem ganz woanders.

Von Johannes Böhme

Ein alter feministischer Witz besagt, dass man Männerforschung schon deshalb nicht brauche, weil es das Fach schon gäbe. Es hieße: Geschichte.

Dem modernen, ernsthaft verunsicherten Mann hilft das leider nicht weiter. Er weiß seit Jahren nicht mehr, ob er nach Feierabend mit der Armbrust auf Hirsche schießen soll oder Pilates machen soll. Ist Hautcreme jetzt männlich oder nicht? Dazu steht nichts im Geschichtsbuch. Immerhin gibt es nun eine Alternative, einen Studiengang in Männlichkeit. "Masculinities Studies", heißt das Programm an der Stony Brook University im US-Bundesstaat New York. "Wir wollen zeigen, dass es mehr als einen Weg gibt, ein Mann zu sein", so hat es Dr. Michael Kimmel, Leiter des Programms, der New York Times gesagt.

Fragen, die hier diskutiert werden, sind beispielsweise: Wie wird aus einem Jungen ein Mann? Was hat Popkultur damit zu tun? Wie würde sich die Lebenserwartung von Männern verändern, wenn sie sich nicht durch spezifisch männliche Torheiten wie Waffenbesitz, zu schnelles Autofahren und 16-Stunden-Arbeitstage umbringen würden? (Antwort: Sie würden statistisch drei bis vier Jahre länger leben.) Dr. Kimmel hat unter anderem eine Enzyklopädie des Penis verfasst, damit dürfte er als qualifiziert gelten.

Obwohl - vielleicht doch nicht. Dr. Edward M. Stephens, Vorsitzender eines konkurrierenden Projekts für Männerstudien, sind Kimmels Inhalte nämlich nicht "promännlich" genug. Er und seine Anhänger finden es eine Frechheit zu behaupten, es gäbe viele unterschiedliche Wege, ein Mann zu sein. Stattdessen müsse man zurück zu einer einfachen, unverkrampften Männlichkeit. In einem Blog schreib einer: "Wenn du ein Mann bist, dann weißt du, was es heißt, ein Mann zu sein." Alles andere sei "Psychogewäsch".

Bei einer Veranstaltung dieser Kritiker, die im Unterschied zu Kimmel nicht "Masculinities Studies" betreiben, sondern "Male Studies", beklagten Teilnehmer die Zensur der Männlichkeit in Amerika. Ein Professor verstieg sich zu der Aussage, der Feminismus sei eine "wohlmeinende, sehr erfolgreiche, sehr bunte Verunglimpfung der Männlichkeit". Außerdem beklagte man eine "Institutionalisierung der Misandrie" - des Hasses auf Männer. Dass Dr. Kimmel in seinem Studiengang auch Feministinnen unterrichten lassen will, findet man überhaupt nicht gut. "Er führt Krieg gegen die, die ich richtige Männer nenne", wütete Dr. Stephens. Hätte man es mit Frauen zu tun, müsste man spätestens hier von einem Zickenkrieg sprechen.

Die entscheidende Frage wurde weder im Team Kimmel noch im Team Stephens gestellt: Wieso sollte man neben den Geschlechterstudien, die ja Frauen- und Männerstudien abdecken, überhaupt einen Studiengang in Männlichkeit brauchen? Ein Leser der New York Times meinte dazu, dass man in Mathematik schließlich auch nicht auf die Idee käme, die Fächer "gerade Zahlen" und "ungerade Zahlen" getrennt zu unterrichten. Das saß.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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