Schön doof:Hilfreich und berühmt

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Immer wieder werden Promis zu Sozialleistungen verdonnert. Die Häme, die dann auf sie niedergeht, findet Hilmar Klute im Grunde bescheuert.

Immer wieder werden Promis zu Sozialleistungen verdonnert. Die Häme, die dann von allen Seiten auf sie niedergeht, findet Hilmar Klute unangebracht.

Eine Gefühlsregung, die sich jederzeit im Handumdrehen abrufen lässt, ist die Häme. Sieh dir den Middelhoff an, der macht jetzt Sozialdienst! Der Mann hat doch in seinen guten Zeiten bestenfalls mal Hand an einen 64er Mouton-Rothschild angelegt, wenn es galt, seinen Milliardärsfreunden nachzuschenken. Jetzt leistet er hilfreiche Dienste in einem Behindertenheim? Und hier: Paris Hilton! Der reisende Glacéhandschuh muss nun 200 Stunden lang Graffiti von der Hauswand kratzen: Das ist die Strafe fürs Koksen. Lindsay Lohan, die irre viel geklaut hat, musste monatelang Leichenschauhäuser putzen. Eine mit allen Wassern der Metaphysik gewaschene Strafe! Und Silvio Berlusconi, der vorzeitig aus der gestaltenden Steuerpolitik ausscheiden musste, wird nun jede Woche in einem Mailänder Altenheim erwartet, wo er das ableistet, was die Allgemeinheit Sozialdienst nennt. Und der ist in etwa so gut angesehen wie ein Tweet von Niels Ruf.

Nun ist es aber doch so, dass der Dienst am Menschen im Grunde etwas sehr Gutes ist, eine Herzensangelegenheit, ein humanes Projekt. Warum wird er dann immer wieder als Strafe angeboten? Männer, die in den Achtzigerjahren erwachsen wurden, erinnern sich daran, dass sie vom Staat nicht unbedingt begünstigt wurden, wenn sie den Wehrdienst mit der Waffe zugunsten des Zivildienstes mit der Bettpfanne ablehnten. Die Bundeswehr nahm ihren Rekruten fünfzehn Monate ihres jungen und aussichtsreichen Lebens, der Zivildienst dauerte zwanzig Monate. Immerhin: In diesen eineinhalb Jahren wurde die Menschheit zwar nicht gerettet, aber es wurde kräftig an ihrer Vervollkommnung gearbeitet, jedenfalls malte man sich das als Zivi so aus, damit man nicht vor Zorn ganz welk wurde.

Vermutlich stellt sich jeder ausgewiesene Kenner von Gut und Böse vor, auf welch unsicherem Terrain sich Thomas Middelhoff in einem Heim für behinderte Menschen bewegen mag. Zweifelsfrei ist der Anblick einer auf dem Fußboden einer Morgue knienden Lindsay Lohan von makabrer Bizarrerie. Aber wir wissen doch auch, dass es im Leben immer wieder Gnadenmomente gibt, die dann aufscheinen, wenn alles schon verloren zu sein schien. Und soll ein reuiger Sünder nicht eher beklatscht als belacht werden?

Andererseits fragst du dich als alter Mensch wahrscheinlich zu Recht, ob du wirklich alles richtig gemacht hast, wenn kurz vorm Sendeschluss plötzlich Silvio Berlusconi in dein Leben tritt.

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