Schlager und Speisen:Ein Star zum Dessert

Der alternde Schlagersänger Julio Iglesias tritt bei einem Galadiner auf - für 1600 Euro pro Gedeck.

Javier Cáceres

Madrid - Es gibt Autostaus, die sind nicht ganz so alltäglich. Von einem solchen wusste die Tageszeitung El Mundo zu berichten. Am späten Samstagabend kam an einer Ausfahrt von Spaniens Nationalstraße N 3 der Verkehr zum Erliegen, und der außergewöhnliche Charakter dieses Ereignisses bemaß sich ausschließlich am Anschaffungswert der Kraftfahrzeuge. Ein Rolls Royce nach dem anderen versuchte sich den Weg zum Parkplatz eines Fünf-Sterne-Hotels namens "Las Dunas" in Estepona bei Málaga zu bahnen, ein Gasthaus, das ausschließlich über Suiten verfügt und an diesem Abend ein Galadiner bot - mit Julio Iglesias, für 1600 Euro pro Gedeck.

Schlager und Speisen: Julio Iglesias singt mittlerweile auch gerne, während andere Leute essen.

Julio Iglesias singt mittlerweile auch gerne, während andere Leute essen.

(Foto: Foto: Reuters)

Im Preis waren neben dem Schlagerstar unter anderem folgende Speisen inbegriffen: Meerbutt-Rosen auf Sommernachts-Zitrusfond, Büffel mit Trüffeln, Dom Pérignon in offenbar rauen Mengen sowie ein wenig Spannung. Es war ja Iglesias' erster öffentlicher Vortrag, seit er im Juni in Jekaterinburg (Russland) ein Konzert abgebrochen hatte, wegen Herzproblemen, wie es damals hieß. "Wegen Problemen mit der Technik", wie Iglesias selbst, Wochen später, korrigierend und etwas trotzig mitteilte.

Welcher Charmeur lässt sich schon gerne öffentlich erwischen, wenn der Körper nicht mehr so funktioniert, wie man gerne möchte?

Nach allem, was man über Julios Dinner-Gala hat erfahren dürfen, geht er mit dem Thema Alter recht offensiv um. "Bloß noch von der Hüfte an aufwärts" funktioniere er, hauchte er ins Mikrofon, und erntete die wohlkalkulierten Lacher. Mehr übrigens als beim anderen Gag des Abends: Er selbst, so sagte er, wäre niemals auch nur auf die Idee gekommen, 1600 Euro für ein Essen zu zahlen, um sich zu sehen.

Wer genug Geld für so eine Veranstaltung hat? Mitglieder des saudischen Königshauses, Berühmtheiten und Unternehmer aus siebzehn verschiedenen Nationen, auch Prinzessinnen aus Deutschland sollen gesichtet worden sein. Und natürlich "Männer in tadellosen Anzügen, Frauen, denen die Wissenschaft erlaubt, jünger auszusehen als ihre Töchter", wie das Blatt El Mundo ätzte.

Ihnen gemein war neben einem privilegierten Zugang zu Verkehrsmitteln auch eine weitgehende Indifferenz gegenüber dem Zahn der Zeit. Julio Iglesias raspelt schon lange nicht mehr bloß das mediterrane Süßholz, es raspelt nach 40 Bühnenjahren auch seine Stimme. Nach 64 Jahren machen nicht bloß die Muskeln, sondern auch die Stimmbänder schlapp, wenn er alte Klassiker anstimmt wie "Hey" oder "Manuela".

Ewig braungebrannt

Andererseits: Wie soll man sich die Blöße geben, 1600 Euro auszugeben, und sich dann darüber ärgern, dass es Don Julio mittlerweile mit dieser Amy Winehouse aufnehmen kann? Jedenfalls fühlte sich bei der Iglesias-Show nur ein Kritiker bei der Darbietung eines Presley-Klassikers an Karaoke erinnert. Der Rest der Gesellschaft erhob sich von den Sitzen und feierte den ewig braungebrannten Barden wie einen Stierkämpfer, als er den Abend mit "Me va" beschloss.

Gut einhundert Personen, erklärte die Hotelleitung, wollten bis zu 5000 Euro zahlen, um noch in letzter Minute auf die Gästeliste des Galadinners zu kommen - ohne Erfolg. Für den 22. August, so ist zu hören, sind noch 3000 Restkarten zu haben, dann tritt Julio Iglesias auf Teneriffa auf. Danach wird er sich nach Amerika begeben und gewiss wiederkehren. Er könne nicht anders, als zu singen, es sei sein Leben, und er sei bereit, es auf der Bühne zu geben. Die Dinner-Veranstaltung soll übrigens wohl eine Art Klassiker werden. Für den, der's mag, und den, der es auch 2009 noch zahlen kann.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: