Schlafmesse:Schlaf ist mein Leben!

Das Leben als Traum: Auf der Schlafmesse in München gibt es Matratzen für den erholsamen Schlaf, einen Schnarch-Schnuller und einen Arschbomben-Contest im Wasserbett.

Jürgen Schmieder

Manchmal ist das Leben gemein. Nicht gemein im Sinne des Schneehaufens, der morgens auf dem Auto liegt und man deshalb zu Fuß in die Arbeit gehen muss. Sondern so richtig hundsgemein und hinterfotzig. Das passiert meist in Situationen, in denen man denkt, dass man es gut getroffen hat im Leben. Wenn man den Kollegen am Freitagnachmittag etwa verkündet, dass die Arbeit nun beendet ist, weil man auf die Schlafmesse geht. Sollen die sich doch noch drei, vier Stunden abrackern, im M,O,C, in München warten auf der "Schlaf Gut!"-Messe knuffige Matrazen, weiche Wasserbetten und mit Sicherheit Anti-Schnarch-Geräte.

Das Gemeine trifft einen dann auch nicht gleich am Eingang, es wartet in einer Ecke. Am Anfang der Messe steht gleich der sogenannte Face Former, der Abhilfe gegen das Schnarchen schaffen soll. Es ist ein schnullerartiges Gebilde, das man sich in den Mund steckt und dann Übungen vollführt - Lippenpressen, Ansaugen, korrekte Zungenhaltung. Nach fünf Minuten ist klar: Man kämpft nicht nur gegen das Schnarchen, sondern überwindet nebenbei auch noch seine orale Phase.

Weiter geht's zur medizinischen Massageliege. Das Ding sieht zwar aus wie eine Miniaturausgabe einer Notfallrutsche im Flugzeug, ist aber unglaublich bequem. Mit einem wohligen Gefühl im Rücken schläft man sofort ein. Dabei werden Rücken und Füße massiert - und man denkt an die Kollegen, die in diesem Moment Texte schreiben müssen.

Das Aufstehen ist kein Problem, wartet doch schon das nächste Entspannungsgerät: ein transportabler Massageapparat. "Sie können sich sogar durchkneten lassen, während Sie Auto fahren", sagt die Dame am Stand. Sehr angenehm, nur das Schnarchen des Nachbarn stört. Dem wird kurz der Anti-Schnarch-Schnuller empfohlen und schon ist Ruhe.

Nach so viel Entspannung ist Sport angesagt - ja, auch das ist auf einer Schlafmesse möglich. Eine gepflegte Arschbombe soll es sein - am Wasserbettenstand. "Hüpfen Sie rein, während Ihre Begleitung im Bett liegt", sagt der Mann am Stand. Also schnell Anlauf genommen, den klassischen Flachköpper hingelegt - und sich dann gewundert, warum die Begleiterin nicht aus dem Bett fliegt. "Das ist das beruhigt fixierende Wasserbettensystem", sagt der Mann. Es wabbelt nicht, sondern bleibt auch bei Erschütterungen starr. "Für Menschen, die eigentlich kein Wasserbett wollen." Aha.

Wenn man nach dem Wasserbetten-Erlebnis so über die Schlafmesse flaniert, sieht man vor allem Daniel Düsentriebs Erben. Da gibt es den Erfinder einer Matte, die den Elektrosmog vom Bett fernhalten soll - dafür aber Strom braucht. Man sieht einen Schreiner, der durch ein Flaschenzug-Seil-Holz-Konstrukt das ergonomisch perfekte Bett geschaffen haben will. Und man entdeckt ein Metallgebilde, das aussieht wie ein Roboter aus dem "Star Wars"-Filmen. Es ist ein Rahmen für optimale Druckverteilung beim Schlaf - per Fernbedienung verstellbar. Prima Ideen.

Stylische Produkte fürs Schlafzimmer

Man muss noch vorbei an den stylischen Produkten der Messe, den iPods des Schlafes sozusagen. Es gibt einen Schlafphasen-Wecker, der aussieht, als wäre er von Apple-Chef Steve Jobs höchstpersönlich entworfen. Ein weißes Gerät, das mit einem Sensor verbunden ist. Den trägt man am Handgelenk. Der Wecker erkennt anhand der Bewegungen während des Schlafes, wann der ideale Zeitpunkt zum Aufwachen wäre. Keine Sorge, das ist dann nicht um fünf Uhr morgens, wenn man eigentlich bis acht Uhr schlafen wollte. Man muss einen Zeitraum von 30 Minuten eingeben, während dessen man geweckt werden möchte. "Vielleicht steht man manchmal zehn Minuten eher auf, ist dann aber fit für den Tag", sagt der Erfinder.

Gleich daneben steht Napshell, ein Schlaf-Kokon, der aussieht wie die Business-Class im Airbus A380 - und auch ähnlich viel kostet. Allerdings: Man liegt wirklich gut darin und das Ding sieht einfach nur perfekt aus. "So etwas kann man sich ins Büro stellen", sagt der Mann am Stand. Die kurze Überlegung, die Budgets der kommenden vier Monate nicht in Autoren, sondern in Napshell zu investieren, wird allerdings wieder verworfen.

Daneben wartet nämlich das Gemeine dieser Messe. Man hatte sich entspannt, über skurrile Erfindungen gewundert und stylische Produkte bewundert - da trifft man Markus Kamps. Der Mann kennt sich mit Schlaf aus wie kaum ein Zweiter. Er analysiert den Körper, die Schlafgewohnheiten, den Stress. Dann gibt er Tipps zum Matratzenkauf, zum Umstellen des Lebenswandels und zur richtigen Schlafposition.

Er stellt etwa fest, dass sich ein eher beleibter Mann und eine zierliche Frau niemals eine Matratze teilen sollten und dass ein Wasserbett für einen athletischen Körper - das ist sein charmanter Ausspruch für "zu dick" - nicht wirklich geeignet ist.

Gerade, als man den Kollegen per SMS noch schöne Arbeitsstunden wünschen möchte, fragt man Markus Kamps, woher er denn soviel über Schlaf weiß. "Seit ich sieben Jahre alt bin, beschäftige ich mit Schlaf. Das ist mein Leben!" Während man selbst also im Legebatterie-Büro diesen Text schreibt, kümmert sich dieser Mann um seinen Schlaf. Wahrscheinlich liegt er gerade noch in seinem ergonomisch perfekt geformten Bett, lässt sich von einer Matte massieren und wird dann zu einem Schlafphasen-günstigen Zeitpunkt geweckt. Hundsgemein ist das.

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