Schauspielerin Lily Cole:"Ich mache mein eigenes Ding"

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Sie posierte für den Playboy, nun ist sie im Kino zu sehen: Die Britin Lily Cole über Heath Ledger, Arbeitsmoral und das Model-Business.

Marten Rolff

Als Lily Cole mit 17 Jahren ankündigte, sie werde auf dem Laufsteg kürzer treten, weil sie einen Studienplatz an der Uni Cambridge habe, löste das in der Branche Erstaunen aus. Die Britin hatte damals bereits geschätzte fünf Millionen Pfund verdient, war Model des Jahres gewesen und auf allen großen Schauen und Covern vertreten. Inzwischen hat die 21-Jährige, die seit 2008 am renommierten King's College Kunstgeschichte studiert und nebenbei weiter modelt, auch als Schauspielerin Erfolg. Am Donnerstag kommt " Das Kabinett des Dr. Parnassus" in die Kinos. In Terry Gilliams morbidem Fantasyfilm ist Cole als Valentina zu sehen, die von ihrem Vater als Pfand in einem Pakt mit dem Teufel eingesetzt wird. Sie spielt an der Seite von Heath Ledger, der während des Drehs starb und durch Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell ersetzt wurde.

Sommersprossen, rote Haare, rote Lippen: die Britin Lily Cole hat eine Schwäche für versponnene Projekte. (Foto: Foto: Getty)

SZ: Was war das für ein Gefühl, sich erstmals in einer großen Rolle zu sehen?

Cole: Ich habe den Film in Cannes gesehen, und es war schon merkwürdig. Aber was ich gesehen habe, hat mir trotzdem gefallen. Das lag auch daran, dass das Ende der Dreharbeiten schon fast ein Jahr her war. Es war aufregend, die vielen Szenen das erste Mal zusammengesetzt zu sehen und zu merken: Der Film funktioniert.

SZ: Der Film war überschattet von Katastrophen. Was passiert, wenn während des Drehs der Hauptdarsteller stirbt?

Cole: Es gab eine Arbeitspause von ungefähr einem Monat. Zuerst musste ja entschieden werden, ob überhaupt zu Ende gedreht wird. Als sie beschlossen hatten, den Restpart von Heath aufzuteilen, ging es vor allem darum, Ersatzschauspieler zu finden, die schon etabliert genug waren, um Heath zu ersetzen und zugleich die Zustimmung der Geldgeber zu erhalten.

SZ: Sie hatten es als Schauspielanfängerin plötzlich nicht nur mit Christopher Plummer, Tom Waits und Heath Ledger zu tun, sondern auch mit Jude Law, Johnny Depp und Colin Farrell. Hatten Sie Angst, an die Wand gespielt zu werden?

Cole: Zu Drehbeginn war ich verunsichert, weil ich die einzige weibliche Rolle hatte und dabei so wenig Erfahrung. Als Heath dann ersetzt wurde, hatte sich das schon relativiert. Da waren die Umstände so dramatisch und traurig, dass wir am Set ganz andere Sorgen hatten. Davon abgesehen hatte ich natürlich ein großes Glück, mit diesen Schauspielern zu arbeiten. Das war nicht nur verunsichernd, sondern auch interessant. Heath zum Beispiel wusste, dass ich nervös war und ist sehr darauf eingegangen, ohne mich dabei zu bevormunden, was großartig war.

SZ: Sie haben zuvor in Marilyn Mansons "Phantasmagoria" die Alice im Wunderland, später in der Independent-Produktion "St. Trinian's" mit Rupert Everett gespielt. Jedes der Drehbücher war ungewöhnlich, fast experimentell. Wieso entscheiden Sie sich für solche Projekte?

Cole: Es kommt natürlich zunächst darauf an, was mir überhaupt angeboten wird. Ein Film muss mich aber interessieren, das Drehbuch, die Rolle oder die Leute, mit denen ich arbeite und von denen ich lernen kann. Ich glaube aber auch, ich habe eine Schwäche für Projekte, die phantasievoll und etwas versponnen sind.

SZ: Ist es einfach, als Model solche Rollen zu bekommen? Suchen Sie danach, oder macht man Ihnen Angebote?

Cole: Ich habe mit meinen Rollen auch Glück gehabt. Ich will meine Leistung nicht herunterspielen, natürlich musste ich vorsprechen, und es fühlt sich gut an, dass ich sie mir auf diese Art verdienen musste. Aber ich bin zum Vorsprechen eingeladen worden. Wie man sich um Rollen bemüht, weiß ich nicht, dafür kenne ich mich im Filmgeschäft noch zu wenig aus.

SZ: Sie haben mal gesagt: "Ich möchte nicht nur ein Model sein." Macht man sich damit Freunde im Business?

Cole: Ich kann mich nicht mal mehr an diesen Satz erinnern, und ich will die Branche auch nicht schlecht machen. Fakt ist aber, dass mich das Modeln noch nie so wahnsinnig fasziniert hat. Ich mag es, zu reisen, und ich finde es spannend, interessante Leute zu treffen, das sind große Vorteile an der Sache. Aber ich habe das jetzt sieben Jahre gemacht und eine Menge aus dieser Zeit mitgenommen. Nun probiere ich gerne auch mal etwas Neues aus.

SZ: Das Interessante daran ist doch die Unabhängigkeit und Leichtigkeit, mit der Sie sich im Alter von 21 in einem Business zu bewegen scheinen, von dem mancher sich mit Ende 30 nicht verabschieden kann und in dem Freiheit als Sakrileg gilt.

Cole: Bisher hatte ich Glück. Und ich versuche, meinem Instinkt zu folgen und mich ausschließlich mit Leuten zu umgeben, die ich mag und die mich mögen. Eine weitere Begründung ist vielleicht, dass ich wirklich hart für alles arbeite. Die Dreharbeiten waren sehr anstrengend. Das Studium auch. Das relativiert ein wenig die Leichtigkeit, von der Sie sprechen

SZ: Viele finden es offenbar bemerkenswert, wenn jemand eines der besten Vordiplome seines Uni-Jahrgangs macht, nebenbei mit Heath Ledger dreht und die großen Modenschauen läuft. Wie darf man sich Ihr Studentenleben vorstellen?

Cole: Eher zurückgezogen und unkonventionell. Ich bin viel für mich, mache mein eigenes Ding. Die übrige Zeit in Cambridge verbringe ich mit wenigen wirklich guten Freunden, die ich dort kennengelernt habe. Wobei ich in meinem ersten Jahr auf mehr Veranstaltungen zur Orientierung war. Das ist weniger geworden.

Auf der nächsten Seite: Warum sich Lily Cole für den französischen Playboy auszog, und warum Schule für sie wichtiger war als das Modeln.

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Cole: Ich bin immer noch erstaunt, wie die Leute reagiert haben. Penélope Cruz hat für dieselbe Ausgabe posiert, na und? Ich habe gar keine Lust, die Fotos zu verteidigen. Aber dass Models sich für den Pariser Playboy ausziehen, ist nicht ungewöhnlich, und was die Medien dann aus ein paar bedeutungslosen Aufnahmen gemacht haben, auf denen ich noch nicht mal wirklich nackt zu sehen bin, war unglaublich. Ich habe das Shooting gemacht, weil ich den französischen Playboy cool finde und weil es sicher lustig sein wird, wenn ich mir später als alte Frau diese Fotos anschaue. Meine Mutter hat gestöhnt, meine Freunde haben gelacht, das war es dann auch schon.

SZ: Ein anderes Beispiel: Angeblich wurden Sie mit 14 in einer Londoner Burgerbar beim Essen entdeckt und sagten dem Modelscout, er solle sich verpissen.

Cole: Als Vegetarierin war ich zunächst mal nicht in, sondern vor der Burgerbar. Und ich sagte auch nicht: "Verpiss dich", wie womöglich gern geschrieben wird. Ich war nur vorsichtig. Also nahm ich seine Karte, ließ brav meine Mama anrufen und ging mit ihr zusammen zur Agentur.

SZ: Zudem haben Sie sich in die Magermodel-Debatte mit dem Satz eingemischt: "Die eine Hälfte der Welt hungert, die andere ist zu dick. Es stimmt, Mädchen wie ich sollten nicht auf den Covern sein, es ist wahrscheinlich pervers. Aber was kann ich tun? Ich bin gesund. Ich esse!"

Cole: Zu der Debatte will ich am liebsten nichts mehr sagen. Es wäre eine Verschwendung von Papier und Druckerschwärze, und ich bin ja nicht die Sprecherin für irgendwas oder irgendwen.

SZ: Trotz Laufsteg machten Sie das beste Abitur Ihrer Schule und fielen durch den Kommentar auf: "Model sein ist toll, aber erst kommen die Hausaufgaben."

Cole: Ich bin mit 16 auf diese Schule gewechselt, ( die ihr das Modeln ermöglichte, Anm. d. Red.), und bin damit eine Verpflichtung eingegangen, es war ein Balanceakt, aber ein guter. Es stand nie zur Debatte, die Schule nicht ernst zu nehmen. Alles oder nichts, so läuft das eben.

SZ: Und mit 17 haben Sie einfach einen Vertrag als Gesicht des Diamantenhändlers De Beers gelöst, weil Sie nicht damit einverstanden waren, dass afrikanischen Buschmännern für die Minen immer mehr Land weggenommen wurde.

Cole: Stimmt, das war meine Reaktion. Aber ich bin sofort nach Botswana gereist, um herauszufinden, was dort wirklich passierte. Ich habe mich mit Stammesvertretern unterhalten, bin durchs Land gefahren, habe mit Politikern gesprochen. Und wie das so ist, gab es bei dieser Sache kein Schwarz und Weiß oder Gut und Böse. Das Problem war komplexer, und ich kam mit einem recht positiven Eindruck von De Beers zurück. Aber dieser Teil der Geschichte wurde dann nicht erzählt. Er war offenbar weit weniger interessant.

SZ: Der Independent schrieb damals: "Cole zeigt eine Ernsthaftigkeit, die sie fast schon wie ein Freak aussehen lässt."

Cole: Oje, ich nehme das jetzt mal als Kompliment. Vielleicht musste ich einfach früher erwachsen werden als andere. Wenn man mit 14 anfängt zu arbeiten, ist das auch nicht immer einfach.

SZ: Ist es denn nun leichter als angenommen, im Modelbusiness unabhängig zu bleiben?

Cole: Ja, ich denke, man kann in den meisten Situationen unabhängig handeln. Immerhin lebe und arbeite ich in einem freien Land.

SZ: Und Sie können gut mit Kritik umgehen. Als einige Filmkritiker...

Cole: ...da habe ich das ignoriert. Wie ich generell versuche, nichts über mich zu lesen. Es deprimiert und langweilt mich.

© SZ vom 05.01.2010/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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