Sarkozy und Bruni:Diskretion Nebensache

Nicholas Sarkozy scheint in seinem Spiel mit den Journalisten zu weit gegangen zu sein. Trotz der Nähe zu den Bossen ist der französische Präsident für viele Medien nur noch ein Windmacher.

Gerd Kröncke

Sie haben alle die Medien benutzt, jeder nach seinen Fähigkeiten. Als François Mitterrand, der bisher einzige Sozialist an der Spitze der Fünften Republik, seine erste Wahl gewann, war er zum Pantheon gegangen, und es war ein ergreifend inszeniertes Schauspiel, wie er dem sozialistischen Urvater Jean Jaurès eine Rose brachte.

Französische Presse; AFP

Sarkozy und Bruni geistern nicht nur in Frankreich durch alle Gazetten.

(Foto: Foto: AFP)

Ein Stück fürs Herz - aber ohne die Medien wäre es nur halb so schön gewesen. Von Nicolas Sarkozy wird in Erinnerung bleiben, dass er seinen Wahlsieg in einer gehobenen Brasserie an den Champs Elysées feierte, scheinbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Dafür waren alte mächtige Freunde im Fouquet's dabei. Nicht die Macher der Zeitungen, nicht die Reporter vom Fernsehen, sondern die Besitzer und die Mehrheitsaktionäre. Halb frozzelnd, halb drohend hatte Sarkozy einer Runde von Journalisten einmal erklärt: "Ist es nicht merkwürdig, ich kenne alle Eure Arbeitgeber".

Er kennt sie schon seit langem. Sarkozy, dessen Aufstieg als Bürgermeister von Neuilly, dem feinsten Vorort von Paris, begann, hat schon in den achtziger Jahren seine Beziehungen zu denen geknüpft, die teils als Erben, teils als Newcomer Industrie und Medien beherrschen sollten. Trauzeuge seiner vorletzten Heirat war Martin Bouygues, der wichtigste Aktionär von TF1, des wichtigsten Fernsehsenders.

Täglich, so heißt es, telefonieren die beiden miteinander, Bouygues war schon Taufpate von Sarkozys Sohn Louis. Zu seinen besten Freunden gehört auch Arnaud Lagadère, ein Rüstungsindustrieller, dem aber auch Verlage und Printmedien wie die Sonntagszeitung Journal du Dimanche oder das Wochenblatt Paris Match gehören.

Als Parteifreund und Mitglied des Senats schließlich ist ihm der Industrielle Serge Dassault verbunden, dem das bedeutendste konservative Blatt, der Figaro, gehört. Lange loyal gegenüber Jacques Chirac, war der Figaro zumindest während des Wahlkampfs zum Sprachrohr des Präsidenten geworden.

Und da ist noch Vincent Bolloré, dem zwei Gratiszeitungen gehören und der inzwischen auch nennenswert Anteile an TF1 hält. Dank Bollorés Großzügigkeit konnte Sarkozy nach seiner Wahl auf einer Yacht vor Malta ausruhen, zusammen mit Cécilia, Sohn Louis und ein paar Vertrauten. Mit dem Privatjet des Unternehmers war der Präsident nach Malta gereist, mit demselben flog er an Weihnachten, diesmal mit seiner neuen Verlobten Carla Bruni, nach Ägypten.

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Diskretion Nebensache

Wie kein Präsident zuvor hat es Sarkozy verstanden, die Medien für sich einzuspannen. Er hat sie in Atem gehalten mit seinen kaum zählbaren Initiativen, jeden Tag einer neuen. Die oppositionellen Sozialisten, selbst untereinander zerstritten, konnte auf die vielen Ankündigungen kaum reagieren.

Sarkozys strategischer Fehler war, dass er seine angebliche Transparenz, den Bruch (die vielbeschworene "rupture") auch auf sein Privatleben ausdehnte. Der Präsident wurde zum offenen Buch für die Franzosen, die bislang eher diskrete Präsidenten gewohnt waren, und es war nicht alles schön, was sie da lasen.

Sarkozy glaubte sich, vielleicht durch seine Nähe zu den Bossen, unangreifbar und zeigte, transportiert durch die Medien, mehr von seinem Privatleben, als den Franzosen lieb war. Kritik von Vertrauten und Gegnern wehrt er ab: "Ich werde nicht nach meinem Privatleben beurteilt, sondern nach den Ergebnissen." Die Rechnung, heißt das, wird erst 2012 gemacht.

Manchmal ist der Präsident irritiert über die Unbotmäßigkeit der Journalisten. In der regelmäßigen Morgenbesprechung mit dem Dutzend seiner engsten Mitarbeiter ergeht er sich gelegentlich über den einen oder anderen Schreiber, "der schon so lange davon träumt, den tödlichen Artikel zu schreiben". Dafür, dass er mit den Besitzern auf Tuchfühlung ist, zeigen die Journalisten vor allem der Magazine noch immer eine gewisse Kessheit, auch wenn die frechsten Artikel im Satireblatt Canard enchaîné stehen.

Seit Herbst geht's bergab

Die Stimmung begann schon im vorigen Herbst zu bröckeln, inzwischen sind die Meinungsumfragen im freien Fall. Weil er sich jeden Tag zeigt, ist eine gewisse Überdrüssigkeit eingetreten - während die Sympathiekurve des eher diskreten Premierministers François Fillon ansteigt. Sarkozys Vorgänger Chirac hatte das Amt wie ein entrückter Monarch zelebriert, Sarkozy gibt sich als ein Volkskönig, der alles und jedes selbst tut.

Schon verbitten sich Provinzfürsten seine Unterstützung bei den Kommunalwahlen im kommenden Monat. Wie der Zauberlehrling wird Sarkozy die Medien nicht mehr los. Sein Image als Macher verkommt zum Zerrbild des Windmachers. Der Präsident Nicolas Sarkozy, der sich so sehr von seinem Vorgänger absetzen wollte, ist inzwischen exakt auf dem Level, auf den Jacques Chirac 1996 im Jahr nach seinem ersten Wahlsieg gefallen war.

Das wird ihn nicht umwerfen. Chirac blieb zwölf Jahre Präsident.

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