Salzburg:Glamour und Gloria

Das Revier des internationalen Geldadels: In Fuschl zeigen seit jeher die Reichen und Schönen während der Salzburger Festspiele, was sie haben.

Christian Mayer

Königin Sirikit ist in ihrer Heimat einigen Luxus gewohnt, aber diesen Blick hat sie weder im Königspalast von Bangkok noch im Seebad von Hua Hin. Die Aussicht vom Schloss, das gerade erst die thailändische Monarchin samt ihrem hundertköpfigen Hofstaat beherbergte, darf man als reinen Kitsch bezeichnen: Grün glitzert das Wasser zwischen bewaldeten Bergen, ein einsames Fischerboot treibt im kristallklaren See. Kein Wunder, dass diese Märchenlandschaft bereits vor einem halben Jahrhundert als Kulisse für den ersten Sissi-Film mit der 16-jährigen Romy Schneider diente.

Audrey Hepburn

Auch Audrey Hepburn genoss die malerische "Sissy"-Filmkulisse in Fuschl.

(Foto: Foto: dpa)

In diesen Tagen ist der See im Salzkammergut wieder das bevorzugte Revier für den internationalen Geldadel. Im FünfSterne-Hotel Schloss Fuschl findet das Gegenprogramm zur aufgeheizten Atmosphäre in der Festspielstadt Salzburg statt: Russinnen glitzern auf der Terrasse mit ihren Edelsteinen; deutsche Manager zieht es auf den Golfplatz, während die Ehefrauen Yogastunden nehmen; Japanerinnen fotografieren das Medaillon mit der Originallocke von Bayernkönig Ludwig II. im Sissi-Museum. Gleich daneben im "Schlossladl" kann man das "Fuschldirndl'' kaufen, für 2.400 Euro.

In Fuschl darf man zeigen, was man hat. Wer abends in Salzburg eine Opernpremiere besucht, wird nach Wunsch mit dem Rolls Royce aus dem hauseigenen Fuhrpark vors Festspielhaus befördert; so kann man die Gottschalk-Prominenz aus dem Goldenen Hirschen locker übertrumpfen.

Wer die Kunst liebt, muss nicht mal bis nach Salzburg fahren. Seit der Neueröffnung vor einem Jahr verfügt das Hotel über eine Sammlung alter Meisterwerke, die man auch erwerben kann: Der Münchner Galerist Konrad Bernheimer hat die Gemälde persönlich ausgesucht, neben der Bar hängt ein echter Breughel.

Zu den nicht immer stilechten Neuerungen zählt ein Gourmetrestaurant. Im silbern glänzenden "Imperial'' können sich zwei Dutzend Gäste den Verlockungen der biologisch korrekten "Anti-Aging-Küche'' von Thomas Walkensteiner hingeben. Das asiatisch inspirierte Designstüberl ist allerdings etwas zu klein geraten für die Großfamilien aus den Arabischen Emiraten, die abends im Schlossrestaurant frischen Zander verspeisen und Cola aus Weingläsern trinken. Am Badesteg trifft man sich tagsüber wieder, und wer sich für sehr wichtig hält, lässt sich ganz vorne eine Liege reservieren.

Haus mit Geschichte

Schloss Fuschl lebt von der stolzen Lage und von seiner Geschichte. Im trutzigen Turm wohnten einst Erzbischöfe, Großindustrielle und zeitweise Hitlers Außenminister Ribbentrop, bevor aus dem Privathaus ein Hotel wurde. Die Salzburgerin Harriet Gräfin Walderdorff war die Erste, die internationale Staatsgäste wie den indischen Premierminister Nehru einlud. Auch ihr Nachfolger, der bayerische "Salzbaron'' Carl Adolf Vogel, verstand es, Präsidenten, Prinzen und Filmstars für Fuschl zu begeistern.

Audrey Hepburn, Ava Gardner, Marlene Dietrich, Peter Ustinov, Clark Gable, Yul Brunner und Sir Alec Guinness, sie alle kamen gerne, obwohl es damals noch nicht mal so etwas wie einen Beauty-Spa gab. Erst als der Münchner Immobilienunternehmer Stefan Schörghuber das Hotel übernahm, hielt die Wellnesskultur unerbittlich Einzug.

Von Margaret Thatcher bis Arnold Schwarzenegger

Das Schloss ist jedoch nicht die einzige Attraktion am See. Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn verkörpert hier so etwas wie den alten Glamour. In ihrem Garten hat sie sämtliche Berühmtheiten bewirtet, die je in Fuschl zu Gast waren: Königin Sirikit, Prinz Charles, Margaret Thatcher, Caroline von Monaco, ihren Freund Gunter Sachs und den aufstrebenden Arnold Schwarzenegger, von dem sie ein Foto in ihrem Schlafzimmer aufbewahrt. Curd Jürgens fühlte sich bei ihr so wohl, dass er nicht mehr weg wollte. Und natürlich schaut auch der amerikanische Festspiel-Wohltäter Donald Kahn immer gerne bei ihr vorbei.

Die 87-Jährige, die alle nur ehrfürchtig "Fürstin'' nennen, ist im Salzburger Land selbst eine Sehenswürdigkeit von Rang. Sie ist übrigens nicht leicht zu finden, in ihrem Jagdhaus auf der anderen Seeseite gegenüber vom Schloss. Man fährt mit dem Auto über eine kleine Landstraße an grasenden Kühen vorbei und biegt dann irgendwo links ab, mitten in den Wald, wo man zu einer Blumenwiese gelangt.

Die Hausherrin, eine elegante Erscheinung von hellwachem Geist, öffnet die Tür zu ihrem rustikalen Jagdhaus. Hinten im Garten steht ein Bauernstadl aus dem 17. Jahrhundert. Die Fürstin schätzt schlichte Eleganz, weshalb sie bei der Neueröffnung von Schloss Fuschl nicht gerade in Begeisterung ausgebrochen ist.

Jeden Sonntag im August empfängt die Fürstin ihre Gäste "zu einem ländlichen Mittagessen'' - so steht es auf den handgeschriebenen Einladungen. "Ich habe 400 Leute auf meiner Liste, die ich auf der ganzen Welt kennengelernt habe'', sagt sie, als sie ihre roten Fotoalben vorführt. Journalisten und Fotografen haben da, anders als sonst im selbstverliebten Salzburg, keinen Zutritt: "Meine Gäste sollen sich unbeobachtet fühlen.'' Ihr vielgerühmtes Wildgulasch isst sie in der kleinen Küche vorbereiten. Die treue Burgi, ihre Köchin, hat die Sache im Griff.

Fotographie als Leidenschaft

So wie die Fürstin ihre Gäste im Griff hat, die sie seit Jahrzehnten fotografiert. 300.000 Bilder ruhen in ihrem Archiv im Keller des Hauses, das halb Bauernstube und halb Künstlerdomizil ist. Die gesamte Gesellschaftsgeschichte von Fuschl ist hier dokumentiert. Ein Verleger mit einer persönlichen Neigung zur Aristokratie hat aus ihren Bilderbergen den opulenten Band "Sayn-Wittgenstein Collection'' gemacht - dort sieht man Monarchen und Millionäre ganz privat.

Ein bedeutender Bewohner von Fuschl fehlt in ihrer Sammlung. Das ist der Mann, der sich hier immer breiter macht: Dieter Mateschitz. Es scheint fast, als habe sich der sportverrückte Getränkehersteller mit dem Dreitagebart ganz bewusst zwischen das Schlosshotel und das Jagdhaus der Fürstin gedrängt. Direkt neben dem Ferienort Fuschl, der aus lauter Hotels, Gasthäusern und Pensionen zu bestehen scheint, steht sein Firmensitz.

In einem künstlichen See hat der allmächtige Sponsor des österreichischen Fußballmeisters Red Bull Salzburg sein Reich errichtet: vulkangraue Pavillons und einen schlangenförmigen Neubau, der sich in den Hügel frisst. Energie-Drinks statt Champagner, auch das ist eine interessante Entwicklung.

Gnädigerweise ist Mateschitz' Brause-Residenz von Schloss Fuschl aus nicht zu sehen, und so soll es auch bleiben. Still und sissihaft schön ruht der See, und wenn man auf der Sonnenterrasse sitzt, ist man von einigen Sorgen befreit. Als vor ein paar Jahren Prinz Charles mit seiner Camilla hier zu nächtigen geruhte, packte er spontan Pinsel und Farben aus. Charles konnte nicht anders, angesichts dieser malerischen Landschaft.

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