Russischer Rosenkrieg:Reicher, armer Oligarch

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Die Ex-Frau des Oligarchen Alexej Mordaschow will in Straßburg 500 Millionen Dollar von Russland erstreiten. Bis jetzt kriegt sie 300 Euro Unterhalt.

Cathrin Kahlweit

Den einen gilt sie als geldgierige Tussi, den anderen als Vorkämpferin für Frauenrechte in Russland, aber eine Zuschreibung ist ihr von allen Seiten gewiss: Jelena Mordaschowa ist die prominenteste "Rosenkriegerin" des neuen, oder besser: neureichen Russlands. Derzeit beschäftigt die geschiedene Gattin des Stahlmagnaten Alexej Mordaschow den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Aktenzeichen 9159/04, Jelena Grigorjewna Mordaschowa gegen Russland).

Alexej Mordaschow gehört zu den reichsten Russen - noch: Seine Ex-Frau fordert nun 500 Millionen Dollar Scheidungsabfindung. (Foto: Foto: dpa)

Sie will in Straßburg gegen ihren Staat prozessieren, weil sie überzeugt ist, die russische Justiz habe ihr die Möglichkeit verbaut, von ihrem Ex-Gatten mehr Unterhalt zu erklagen. Und ihr Gatte, auch davon ist Mordaschowa überzeugt, habe seine Finger im Spiel gehabt, als der russische Rechtsstaat sich einmal mehr als Unrechtsstaat erwiesen habe. Der Figaro zitiert einen ihrer Anwälte mit dem Vorwurf, der Einfluss, den Herr Mordaschow hatte und habe, wirke sich bis heute auf den Umgang des russischen Staates mit ihrer Mandantin aus.

In Straßburg liegt die Klage schon seit geraumer Weile vor, ist aber noch nicht zur Verhandlung angenommen. Eine Gerichtssprecherin teilt mit, die Klägerin fordere 500 Millionen Dollar Schadensersatz; über eine Zulassung der Klage werde sobald wie möglich entschieden.

Tatsächlich ist der Vorlauf, der Rosenkrieg Mordaschow gegen Mordaschowa, eine alte Sache, die sich in das zweite Jahrzehnt schleppt. Denn verheiratet war das Paar von 1986 bis 1996, die beiden haben einen Sohn, Ilja.

Mordaschow war während der Ehe Manager der Stahlschmiede Severstal in der Kleinstadt Tscherepowez; und was seine Frau nicht ahnte - oder damals nicht für wichtig genug erachtete: Der Unternehmer sicherte sich während der Privatisierung einen Großteil der Firmenanteile und wurde 1996 Vorstandschef. Nach der Scheidung.

Ein mächtiger Mann

Mittlerweile ist Mordaschow einer der reichsten Männer Russlands, vor der Finanzkrise listete ihn Forbes auf Platz 64 der reichsten Menschen der Welt. Sein Konzern kooperiert mit TUI, dem Unternehmen gehört ein Fernsehsender, zeitweilig hatte es so ausgesehen, als würden Severstal und Arcelor zum weltgrößten Stahlkonzern fusionieren. Mordaschow, so viel ist klar, ist ein mächtiger Mann.

Ebenso klar ist die Ausgangslage für den Rosenkrieg: Er fand Frau und Kind dereinst mit der Wohnung, einem Auto, 300 Euro monatlich für den Sohn und ein paar tausend Euro pro Jahr für sie ab - so steht es zumindest in der Klage, die ihre Anwälte in Straßburg eingereicht haben. Sie beteuert, sie habe erst nach Unterzeichnung der Scheidungspapiere erfahren, dass sie einen steinreichen Mann verlassen hat. Also wollte sie mehr Geld und ging vor Gericht.

Das sah zuerst gut aus: Ein Staatsanwalt machte sich ihre Sache zu eigen und beschlagnahmte kurzerhand 32,5 Prozent der Aktien ihres Ex-Gatten. Denn, so argumentieren Mordaschowas Anwälte, die Unterhaltsvereinbarung sei ungültig, wenn sich die Vermögensverhältnisse gravierend änderten.

Unterstützung durch Feministin

Um vor Gericht gehen zu können, zog Mordaschowa 2001 nach Moskau; im Einzugsgebiet ihres Ex-Mannes, fürchtete sie, würde ihr kein Richter recht geben. Sie schrieb Artikel über die "Undankbarkeit ihres Mannes", rief zur Gründung einer Partei abgelegter Oligarchen-Gattinnen auf und ging in Fernseh-Talkshows. Sie versicherte sich der Unterstützung einer prominenten Feministin, der Autorin Maria Arbatowa, die mit der Information sekundierte, nur zwölf Prozent aller Russen zahlten überhaupt Alimente.

Das russische Gesetz schütze, so Arbatowa, noch immer in unzulässiger Weise den Mann vor den Ansprüchen der geschiedenen Frau wie auch der Kinder. Die Alimente würden nach dem offiziell angegebenen Einkommen berechnet, was selten dem tatsächlichen Einkommen entspreche.

Aber nach dem kurzen Siegeszug folgten zahlreiche Niederlagen: In einer Reihe von Gerichtsentscheidungen wurde festgestellt, dass Moskau nicht der zulässige Prozessort sei, dass das Verfahren aufgespalten werden müsse, später wurde die Forderung höherer Alimente zurückgewiesen.

Und dann kam in den Augen von Jelena Mordaschowa der Hammer: Der russische Staat forderte von ihr nachträglich 213.792.743 Rubel (etwa fünf Millionen Dollar) an Gerichtsgebühren. Dagegen prozessiert sie seither, weil sie diese Summe absurd hoch findet. Ihre Anwälte argumentieren, ihre Mandantin sei damit "effektiv am Gang vor Gericht gehindert worden", überdies habe es in ihrem konkreten Fall die Höhe der gesetzlich geregelten Gerichtsgebühren unmöglich gemacht, in Berufung zu gehen.

Die Klageschrift ist, so die Gerichtssprecherin, an die "russische Regierung kommuniziert worden". Da Präsident Dmitrij Medwedjew kürzlich gefordert hatte, sein Land brauche mehr Rechtsstaatlichkeit, könnte nun auch Bewegung in den Fall kommen. Wahrscheinlich ist das indes nicht.

Einerseits, heißt es beim Gerichtshof für Menschenrechte, akzeptiere Moskau die Urteile aus Straßburg und sei "gewissenhaft bei Kompensationszahlungen an den Antragsteller". Andererseits dürften Unterhaltsstreitigkeiten russischer Oligarchen derzeit weniger im Fokus staatlicher Fürsorge stehen als die Wirtschaftskrise. Und bei deren Bekämpfung spielt der Putin-Freund Alexej Mordaschow eine viel zu wichtige Rolle.

© SZ vom 13.01.2010/dog - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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