Als der Trailer zu „Gladiator 2“ am Dienstag online ging, meldete sich Russell Crowe via X aus einem römischen Amphitheater. „Hey POMPEII, enjoy your last few hours before being ROCKED!“ Die Sandalenkulisse war keine Sentimentalität, sondern ein smarter Witz der Zufallsgötter: Russell Crowe & The Gentlemen Barbers sind auf ihrer Europatournee gerade in Italien angekommen. Sie machen dort altmodischen, angenehm ambitionslosen Rock, das Durchschnittsalter der Band sieht nach vorgezogenem Renteneintritt aus, das Durchschnittsalter des Publikums auch. Der einstige Maximus Decimus Meridius trägt auf der Bühne jetzt ausgebuchtete Jacketts und Hemden, die er zur Not auch als Zweimannzelt für sich und den Drummer aufspannen könnte, sollte ein Regenguss vorübersegeln. Allerdings regnet es überall dort, wo Crowe sich in diesem extrem beschissenen Sommer aufhält, praktisch nie. Der Mann ist Australier, er trägt die Sonne mit sich.
Bei „Gladiator 2“ hätte Crowe schon deshalb nicht mitmachen können, weil Maximus am Ende von Teil eins in den Staub beißen musste. Obwohl! Es hat Pläne gegeben, den aus den Latschen gekippten Gladiator in den Stand einer unsterblichen Gottheit zu erheben und zurück in die Kampfzone des Lebens zu schicken, um Jesus Christus zu töten (Drehbuchversuch, kein Witz: Nick Cave). Daraus wurde aber nichts. Die avisierte Gottheit soll die Idee doof gefunden haben.
Während Crowe also im realen Amphitheater von Pompeji einen lässigen Herrenabend verbrachte, blickte die Welt auf Youtube in das digitale Amphitheater von „Gladiator 2“ hinein. Nach zwei Minuten wusste man, was er sich erspart hatte.
Eiweißdiät und Bankdrücken nicht unter sechs Monaten, damit das Oberkörperrelief bei Drehstart fugenlos in den Brustpanzer schmatzt. Tagelanges Schwerterfuchteln, um ein autoaggressives Nashorn abzustechen, das am Set nicht mal persönlich anwesend ist. Endlose Fünf-Uhr-morgens-Dates mit der diktatorischen Frau vom Make-up, hier ein blutiges Auge, dort eine geschwollene Lippe, jetzt noch Kunstrotz draufgetupft – und denk nicht mal dran aufzustehen, Honey, der Wundschorf sitzt noch nicht. Auf die Frage, ob er die Nahkampf-Szenen wiederholen würde, sagte der Darsteller des Marcus Acacius zu Vanity Fair: „Ich würde lieber von einem Gebäude geworfen werden.“
Was muss das schön gewesen sein, am Dienstag in Pompeji. Drums ’n’ guitars ’n’ Sonnenuntergang über dem Golf von Neapel. Vor ausverkauftem Haus. Mit den Jungs. Der 82-jährige Ridley Scott mag am Regiestuhl festkleben, weil er nach dem „Napoleon“-Desaster noch einen halbwegs guten Film machen muss. Der 81-jährige Joe Biden mag sich an seinen Desk im Oval Office ketten, weil er sich für den Einen, Einzigen hält, und damit ein ganzes Land erpressen. Rockin’ Russell unterdessen, mit 60 noch ein junger Römer, hat losgelassen. Vom Gladiator ist nur noch der Pony übrig, der ihm aber auch schon überlang und nicht ganz auf Linie getrimmt in die zerfurchte Stirn hängt.
Man kann sich einen zufriedeneren Menschen eigentlich nicht vorstellen.