Mogelpackung: Getunter Wein
"Es ist perfide, aber leider Realität: Man kann Rotweine so tunen, dass sie beim Probieren ein Geschmacksbild vorgaukeln, von dem sich auf Qualität und Lagerfähigkeit schließen lässt", warnt Sachverständiger Geisel. "Winzer fügen in ihre großen Stahltanks Holzschnipsel hinzu, um dem Wein die vanillige Gerbstoff-Note zu verleihen. Sie ist typisch für Wein, der traditionell in Holzfässern (Barrique) ausgebaut wurde und eine lange Lagerfähigkeit besitzt."
Dahinter stecken ökonomische Überlegungen: Wein in Stahltanks zu produzieren ist kostengünstiger. Ein herkömmliches Holzfass fasst 225 Liter, das entspricht rund 300 Flaschen à 0,75 Liter. Der Kellermeister muss jeden Monat ungefähr eine Flasche nachfüllen, weil so viel Flüssigkeit verdunstet ist. Auf diese Weise geht ihm innerhalb eines Jahres rund eine Kiste "verloren". "Das ist aber eine Investition des Winzers in die Qualität seines Weins", erläutert Geisel. "Denn im Ausbauprozess ist Oxidation absolut gewollt. Sanfter Sauerstoffaustausch über die Holzfässer gehört zum Reifungsprozess dazu. Erst mit dem Abfüllen in die Flasche will man den Wein vor Sauerstoff verschließen."
In einen Stahltank passt der Inhalt von zig Barriques. Sie sind eine einmalige Investition, während ein rund 700 Euro teures Holzfass nach ungefähr sechs Jahren ausgewechselt werden muss. Deshalb sei es fragwürdig, so der Fachmann, diesen Reifungsprozess in sauerstoffdichten Stahltanks nachzuahmen. "Das wäre so, als würden Sie eine schicke 'handgefertigte' Uhr kaufen und bei der Revision feststellen, dass in ihr ein ordinäres Quarzwerk tickt."
Foto: oh