Berlin (dpa) - Frauen sind in journalistischen Chefpositionen deutscher Medienhäuser nach einer Studie des Vereins ProQuote Medien weiterhin deutlich in der Unterzahl. Die seit 2012 existierende Organisation fordert, dass 50 Prozent der Topjobs mit Frauen besetzt werden und listet regelmäßig in vom Bund unterstützten Berichten den Machtanteil von Frauen in den Medien-Chefetagen auf.
Am Montag legte der Verein eine neue Übersicht zu Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen, Zentralredaktionen und Onlinemedien vor. Die Zahlen beziehen sich auf 2022, Grundlage sind vor allem Angaben des jeweiligen Impressums. Betrachtet wurden unter anderem 97 Regionalzeitungen, 10 überregionale Zeitungen und Zeitschriften (Leitmedien), mehr als 60 Publikumszeitschriften und 100 journalistische Online-Seiten.
Frauenanteil bei den Zeitschriften am höchsten
In der Studie heißt es im Fazit: „Betrachtet man ausschließlich die Chefredaktionen aller Presse- und Onlineangebote, so liegt der Frauenanteil bei den Zeitschriften mit 39,5 Prozent am höchsten.“ Projektleiterin Anna Heidelberg-Stein verwies bei der Präsentation der Studie am Montag in Berlin allerdings auf eine Struktur, bei der Themen wie Unterhaltung eher in Frauenhand liegen, während Technikbereiche von Männern dominiert sind.
Beim Frauenanteil folgen laut Studie Onlinemedien, Agenturen und Zentralredaktionen. Am schlechtesten schneiden demnach Regionalzeitungen in diesem Bereich ab. 9 der 97 ausgewerteten Regionalzeitungen leiten heute ausschließlich Chefredakteurinnen. Ein Gesamtergebnis, das alle unterschiedlichen Medien einbezieht, nannte ProQuote Medien nicht. Insgesamt steige der Frauenanteil „wahnsinnig langsam“, sagte Heidelberg-Stein.
Sabine Schicketanz, Chefredakteurin der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ sagte, „es braucht vor allem den Willen der Verantwortlichen, damit sich etwas ändert“. Monika Pilath, Mitglied der Chefredaktion bei „Zeit online“ berichtete von Folgeeffekten bei entsprechenden Besetzungen: „Wenn mehr Frauen in Führung sind, kommen mehr Frauen. Wenn Teams diverser sind, kommen mehr diverse Menschen.“
Einige Medienhäuser von einer Parität weit entfernt
Die Vorsitzende von ProQuote Medien, Edith Heitkämper, fasste das Ergebnis so zusammen: „Wir sehen, dass in einigen Medienhäusern schon große Fortschritte erreicht worden sind. Das stimmt uns optimistisch.“ Dennoch sei erschreckend, wie weit manch andere Medien von einer Parität, einer gleichberechtigten Chance für Frauen in Führung, noch entfernt seien.
Aus Sicht von Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sind Studien wie diese „kein Selbstzweck, sie bringen zum Handeln“. Die Daten seien notwendig, um den Abstand zwischen Besetzungen mit Männern und Frauen zu schließen. „Erst ein anderer Blick lässt andere Entscheidung in Führungsetagen der Medienwelt zu“, sagte Deligöz.
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