Promis und Schönheit:Man spricht nicht darüber

Courteney Cox, Jenny McCarthy, Danii Minogue: Nach der Botox-Beichte zahlreicher Promis gerät das Hautglättungsmittel immer stärker in die Kritik.

T. Rest und Ch. Mayer

Als die Schauspielerin Sharon Stone im vergangenen Jahr Berlin besuchte, überschlug sich der Boulevard vor Begeisterung - weniger über ihren eher lau geratenen Film "Basic Instinct 2" als über ihre jugendliche Erscheinung: "Pfirsichglatte Haut!", "fast keine Falten", und ein Klatschmagazin textete beeindruckt: "Sie ist 48, sieht aber zehn Jahre jünger aus - wie macht sie das bloß?"

Promis und Schönheit: Courtney Cox mit Kollegin Jennifer Aniston.

Courtney Cox mit Kollegin Jennifer Aniston.

(Foto: Foto: AP)

Interessante Frage. Was man tun muss, um ein Gesicht zehn Jahre jünger erscheinen zu lassen - und zu welchem Preis -, darüber hat nun eine Kollegin von Stone der amerikanischen Zeitschrift Marie Claire Auskunft gegeben. Courteney Cox, 44 Jahre alt (sieht aber aus wie Mitte 30), ist durch die "Scream"-Trilogie und ihre Rolle als Monica in der Erfolgsserie "Friends" ein Star geworden. Im Interview räumt sie ein, dass sie das Nervengift Botox verwendet hat. "Ich denke, es ist phantastisch und schrecklich zugleich", sagt Cox. "Sie haben da einen Stoff erfunden, der verhindert, dass du ärgerlich aussiehst. Ich bin Schauspielerin, ich muss mein Gesicht bewegen. Wenn die Leute ihre Augenbrauen nicht mehr heben können, das ist doch gruselig." Es ist wohl das erste Mal, dass eine Schauspielerin so offen über ihre Botox-Erfahrungen Auskunft gibt.

Botulinumtoxin, kurz Botox, ist ein Proteinkomplex, der die Erregungsübertragung von den Nervenzellen zum Muskel hemmt. In der Neurologie wird der Stoff seit Anfang der achtziger Jahre als Arzneimittel in der Behandlung von Bewegungsstörungen eingesetzt - seit etwa acht Jahren erfreut er sich als Faltenkiller wachsender Beliebtheit. In die Stirn gespritzt, lähmt Botox Drüsen und Muskeln; die Haut sieht einige Monate lang wieder glatt aus. Plastische Chirurgen loben den Stoff als Wundermittel, wobei außer Acht gerät, dass es sich um eine hochtoxische Substanz handelt. Für kosmetische Zwecke eingesetzt, kann eine Überdosierung zu wächserner Gesichtsstarre führen, der sogenannten Botox-Maske. "Man darf es nur sehr sparsam verwenden", warnt nun Courteney Cox.

Die Schauspielerin ab 40 steht damit vor einem Dilemma. Will sie in der von Jugend und Schönheit besessenen Branche noch eine der guten Rollen ergattern, die für Frauen in den mittleren Jahren ohnehin seltener werden, so darf man ihr ihr Alter nicht ansehen. Spritzt sie Botox, kann sie vor der Kamera aber nicht mehr so agieren, wie es die Rolle eigentlich erfordert. Zwischen Emotionen wie Freude, Trauer oder Verzweiflung liegen im Spiel der Gesichtsmuskulatur feinste Nuancen - wer diese Muskeln nicht mehr anspannen kann, macht sich praktisch sprachlos. Der Regisseur Martin Scorsese klagt seit Jahren darüber, dass so viele Schauspielerinnen Botox benutzten und er kaum noch eine finde, die wütend aussehen könne. Ähnlich Baz Luhrmann ("Moulin Rouge"): "Sie können ihre Gesichter nicht mehr richtig bewegen."

Auch in Deutschland ist Botox bei Frauen und Männern längst ein beliebtes Verjüngungsmittel, vor allem bei Schauspielern, Fernsehmenschen und erstaunlich oft auch bei Managern aus der Wirtschaft. Wer im Licht der Öffentlichkeit steht, sieht sich oft dem Zwang ausgesetzt, eine glatte Fassade aufweisen zu müssen, berichtet Werner Mang, Chef der Bodenseeklinik in Lindau. "Zu uns kommen auch Politiker, das hat sehr oft berufliche Gründe." Der Mediziner warnt ausdrücklich vor den Gefahren: "Es mag sinnvoll sein, Stirnfalten zu straffen. Botox in der Mundregion oder in der Augenpartie ist dagegen gefährlich. Und wer sich auch noch auf diese Weise die Lippen machen lässt, sieht absolut furchtbar aus." Werner Mang, der seine Klientel aus der Medien- und Filmwelt pflegt wie kaum ein anderer, hält eine Botoxbehandlung an der Stirn allerdings für unbedenklich, wenn sie sich auf ein, zwei Mal im Jahr beschränkt.

Botox ist eine Sache, über die Ärzte gerne reden, die Abnehmer weniger. Man spricht nicht über die 600-Euro-Behandlung, zumindest nicht öffentlich. Die frühere Elle-Chefredakteurin Beate Wedekind, 57, findet kleine Fältchen im Gesicht selbst nicht weiter tragisch. Doch es sei eine Frage des Selbstbewusstseins, ob man zu seinem Gesicht stehe oder nicht. "Es gibt sicher einen Druck auf Schauspielerinnen zwischen 40 und 50, die schwer mit ihrem Rollenwechsel zu kämpfen haben", sagt Wedekind. "Wenn man die jugendliche Geliebte war und auf einmal zur reifen Frau verdammt ist, kann das ein Problem sein."

Der Wunsch nach Verjüngung wirkt beinahe ein wenig antiquiert. In Hollywood feiern gerade Schauspielerinnen Triumphe, die zu ihrem Alter stehen: Die 59-jährige Meryl Streep, die 63-jährige Helen Mirren oder die 73-jährige Judi Dench sind im Kino auch mit Falten attraktiv - und betrachten das Alter mit einer natürlichen Gelassenheit. Zumindest spielen sie diese Rolle nach außen hin mit bewunderswerter Perfektion.

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