Schmachtwort der Woche: Ben Kingsley:"Männer wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen"

Der perfekte Mann macht Karriere, ist trotzdem immer zu Hause, kann hervorragend kochen und repariert alles selbst, einschließlich Autos und Frauenseelen - darf's sonst noch was sein? Kein Wunder, dass Männer nicht mehr wissen, was Frauen von ihnen wollen - die wissen es ja selbst nicht.

von Violetta Simon

Schmachtwort Ben Kingsley 560x350 px

Das Schmachtwort sprach diesmal Schauspieler Sir Ben Kingsley.

(Foto: sde)

Der Mann von heute bewegt sich permanent an der Schwelle zur Schizophrenie. Zumindest steckt er inmitten einer dauerhaften Identitätskrise. Er hat nämlich keine Ahnung, wie er mit Frauen umgehen soll. Kein Wunder: Das wissen sie ja selbst nicht.

Wer wollte denn unbedingt das Patriarchat zugunsten der Gleichberechtigung abschaffen? Wer hat den Männern den Spaß am Mannsein verdorben und ihnen eingeredet, dass sie sich schämen sollten für ihre triebgesteuerte, behaarte Existenz? Wer proklamierte den Softie, der gefälligst die Stoffwindel statt seines Wagens waschen sollte? Und wer hat es sich ein paar Jahre später wieder anders überlegt? Die Frauen!

Inzwischen haben die Damen begriffen, dass es Unsinn ist, den Mann zu einem bestimmten Typus zu formen - weil es nämlich viel schöner ist, sich an einer bunten Auswahl zu ergötzen, ähnlich wie an einer Käsetheke, die uns von jeder Sorte etwas bietet: 250 Gramm vom kultivierten Franzosen, ein Stück vom kernigen Südtiroler und dazu ein bisschen was vom rassigen Spanier. Mit dem Ergebnis, dass der Mann weder weiß, was man von ihm will, noch weiß, wer er ist: irgendwas zwischen Aktentaschenträger, Installateur, Frauenversteher und Charlie Sheen. Da soll man nicht verrückt werden.

Der Schauspieler Ben Kingsley beobachtet das hektische Herumjonglieren seiner Geschlechtsgenossen mit Beunruhigung: "Männer wissen nicht mehr, wie sie sich zu verhalten haben", sagt er im Interview mit dem GQ-Magazin. Es mache ihn traurig, wenn manche von ihnen zögern, ob sie einer Frau nun die Türe aufhalten sollen oder nicht. Für den Briten ist die Sache klar: "Wenn Sie jemandem die Tür aufhalten möchten, dann tun Sie es einfach. Es ist kein politischer Akt."

Der Mann hat gut reden. Offenbar ist der 68-Jährige bisher noch keiner Frau begegnet, die ihm seine Hilfsbereitschaft mit den herablassenden Worten dankte: "Ach Gott, wie niedlich. Ich dachte, das hätten wir hinter uns."

Wer jetzt aber glaubt, er solle den Kavalier an den Nagel hängen, liegt ebenfalls daneben. Nein, nein, so ist das ja auch wieder nicht gemeint! Frauen tun zwar alles Mögliche, um die besseren Männer zu werden. Doch werden sie wie einer behandelt, kriegen sie ziemlich schnell schlechte Laune und beschimpfen ihr männliches Gegenüber mindestens als ungehobelten Klotz.

Vom Regen in die Traufe

Gibt es einen Ausweg aus diesem Dilemma? "Ich denke, dass die Rolle des Mannes neu definiert werden muss", findet Kingsley. So ein Unsinn - da gerät er ja vom Regen in die Traufe, der Mann! Rollen gibt es für ihn schließlich schon mehr als genug - das IST ja das Problem.

Immer wenn Männer glauben, sie wissen nun endlich, was man von ihnen erwartet, fallen sie auf die Nase. Wie sehr sie auch versuchen, die weiblichen Wunschträume zu erspüren, sie werden ihnen nicht genügen. Ihre Bereitschaft, die besseren Frauen zu sein, geht heute so weit, dass werdende Väter in Geburtsvorbereitungskursen mithecheln, im Kreißsaal mitpressen und ihre Qualität als engagierter Papa in der Elternzeit unter Beweis stellen. Dass sich diese zwei Monate mit der Abschaffung der Wehrpflicht mehr als ausgleichen, muss man ja nicht gegen sie verwenden.

Doch statt sein unermüdliches Engagement zu preisen, quengelt die Partnerin, dass er keine Waschmaschine reparieren kann und kaum mehr in der Lage ist, eine Bohrmaschine von einem Akkuschrauber zu unterscheiden. Das ist einfach unfair! Wer von einem Familienvater erwartet, dass er sich im ölverschmierten Blaumann unters Auto legt und herumschraubt, darf sich auch nicht beschweren, wenn er sich in der ADAC-Motorwelt vergräbt, statt Biogemüse schnippelnd in der Küche zu stehen. Das wäre zumindest logisch.

Doch wer sagt, dass Frauen logisch sind? Frauen wünschen sich hemmungslosen Sex auf dem Küchentisch, erlauben ihrem Mann aber nicht einmal, die Küche mit Schuhen zu betreten. Sie träumen von nach Abenteuer riechenden Kerlen mit Dreitagebart, lassen sich aber von ihrem eigenen erst küssen, wenn er geduscht und rasiert ist. Sie feilen und schrauben so lange an ihrem Lebenspartner herum, bis aus dem verwegenen Burschen von einst ein kompatibler Mitbewohner geworden ist - und schwärmen dann von Daniel Craig, weil der so ein verwegener Bursche ist.

Mit Verlaub: Es handelt sich um Frauen. Noch Fragen? Vielleicht wäre die Lösung nicht eine weitere Rolle. Sondern mehrere Männer für jede Frau. Einer allein kann es ihr ohnehin nie recht machen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: