Prominente im Internet:Ich bin eine Marke

Shoppen mit Boris, die Welt verbessern mit Carla Bruni, Rosen kaufen mit Heidi Klum: Wie Prominente auf ihren Seiten im Internet ihr Image kontrollieren.

Titus Arnu und Christian Mayer

Es ist ja nicht so, dass Carla Bruni bisher zu wenig präsent gewesen wäre. Als Sängerin, Model und Ehefrau von Nicolas Sarkozy zieht sie Klatschreporter und Fotografen magnetisch an. Frankreichs Première Dame steht rund um die Uhr im Scheinwerferlicht, und oft beklagt sie sich über die Medien, besonders über "denunziatorische Internetseiten", die über das Privatleben des Paares spekulieren.

Nun hat Carla Bruni die Imagepflege selbst in die Hand genommen. Die Website carlabrunisarkozy.org präsentiert die 41-Jährige seit dieser Woche so, wie sie sich selbst sieht - als Gutmensch. Auf der in Pastelltönen gehaltenen Seite stehen "10 wissenswerte Dinge über Aids", es gibt Infos über ein Kulturprogramm in Gefängnissen und einen Film über die USA-Reise der Sarkozys. In der Rubrik "von A bis Z" erzählt Bruni, wie sie ihre große Liebe Nicolas kennengelernt hat und berichtet vom "Schönheitswettbewerb" mit Michelle Obama. Stellenweise wird es schwülstig, wenn sich die Sängerin als Frau mit einem "romantischen Schicksal" beschreibt, die "der Geschichte mit einem kühlen Kopf und einem Lächeln auf den Lippen" entgegentritt.

Auf der nächsten Seite: Jan Delay verkauft auf seiner Website Klamotten.

Jan Delay verkauft Klamotten

Obwohl sich das öffentliche Tagebuch von Frau Sarkozy kaum spannender liest als eine Pressemitteilung aus dem Élysée-Palast, war das Interesse so riesig, dass die Website an den ersten beiden Tagen immer wieder zusammenbrach. Offenbar hat das Publikum große Lust auf Klatsch-Häppchen aus vermeintlich erster Hand - auch wenn klar ist, dass solche Auftritte von PR-Profis inszeniert und betreut werden. Bei den pseudo-intimen Bekenntnissen der Stars geht es in Wahrheit nur darum, das Privatleben auch weiterhin privat zu halten

Kritische Medien? Unerwünscht!

Für Prominente ist das Internet eine gewinnbringende Möglichkeit, das eigene Image zu steuern, ohne auf lästige oder gar kritische Medien angewiesen zu sein. Der Sänger Jan Delay etwa verkauft dort nicht nur seine Klamotten, er reagiert auch auf Kritiker, die an seinem neuen Album herummäkeln, das man dort herunterladen kann: "Ich bin 1000-prozentig von meiner Mucke überzeugt", teilt der Hamburger Musiker seinen Getreuen mit - und wehrt sich in seinem Blog gegen die "Feuilleton-Stalinisten".

Auf der nächsten Seite: Eckart von Hirschhausen veröffentlicht online sein Tourtagebuch.

Eckart von Hirschhausen pflegt Kontakte

Nebenbei dient der Auftritt im Netz auch der Kontaktpflege. "Ich bin kein Blogger oder Twitter-Typ," sagt der Kabarettist und Bestsellerautor Eckart von Hirschhausen, "aber ich habe gerade meine Seite komplett neu gestaltet und werde auch ein Tourtagebuch mit einbauen, um den Kontakt mit den Zuschauern zu halten." Auf hirschhausen.com können Fans Bücher, CDs und T-Shirts bestellen; ein ganzer Stab von Mitarbeiterinnen in seinem Frankfurter Büro kümmert sich um die Bearbeitung und die ständige Aktualisierung der Seite.

Immer mehr deutsche Prominente nutzen die "offizielle Website" als exklusiven Vertriebsweg - aber so weit, dass sie wie manche US-Stars ihre Fans mit originellen (oft auch peinlichen) Blogs oder inszenierten Enthüllungsgeschichten unterhalten, sind sie nicht. "Persönliche" Seiten von Veronica Ferres, Michael Schumacher oder Angela Merkel lesen sich wie eine Image-Broschüre: Kurzbiographie, vorteilhaften Fotos, Download-Angebote.

Auf der nächsten Seite: Heidi Klum verkauft ihre Produktpalette.

Heidi Klum verkauft Rosen

Das Model Heidi Klum geht einen Schritt weiter, sie macht auf penetrante Weise Werbung für ihre Produktpalette - für die "Heidi-Barbie", für ihre Hautpflegeserien, ihre Sonnenbrille, das Buch "Natürlich erfolgreich" und eine botanische Züchtung, die ihren Markennamen trägt: die "Heidi-Klum-Rose".

Ex-Bunte-Chefin Beate Wedekind, selbst im Internet als Bloggerin aktiv, hält reine Werbeseiten im Netz für überholt. "Die User wollen ein Stück Privatheit von den Stars - oder zumindest das Gefühl, ein wenig am Leben der anderen teilnehmen zu dürfen. Wenn nur die Plattenfirma ein paar Inhalte ins Netz stellt, wird das schnell extrem langweilig."

Boris Becker gibt dem Publikum wenigstens die Illusion des Blicks durchs Schlüsselloch: Er betreibt einen eigenen Internet-Sender, boris-becker.tv. Im neuesten Beitrag, Titel: "Shopping mit Babybauch", ist Ehefrau Lilly Kerssenberg beim Aussuchen eines Kinderwagens zu erleben. In einem anderen weltexklusiven Werk filmen sich die Beckers gegenseitig beim Friseur. Die selbstgebastelte Becker-Soap ist ein Versuch, die Boulevard-Nachrichten zu beeinflussen, denn Beckers Firma "Bewegtbildagentur", die alle Beiträge produziert, liefert ebenfalls an die Medienpartner RTL und Bild, die das Material dann weiter verbraten.

Auf der nächsten Seite: Oliver Pocher lässt die Hosen runter.

Oliver Pocher zeigt sich in Unterhose

Sandy Meyer-Wölden, die an der Seite von Boris Becker zu einer eigenen Marke wurde, präsentiert sich auf sandymeyerwoelden.de. Fans können dort ihr Online-Tagebuch durchblättern, Kurzfilme anschauen und den Terminkalender durchstöbern, die meisten Tage sind allerdings ohne Eintrag. Sandys derzeitiger Freund Oliver Pocher zeigt sich auf seiner Seite in Unterhose, Fußballtrikot und Anzug - auch auf dieser Plattform dominiert der Werbeeffekt. Erstaunlich, wie humorlos deutsche Comedians sein können, wenn es ums Geld geht.

Die Selbstbeweihräucherung glückt sogar den internationalen Stars nicht immer. Schauspielerin Gwyneth Paltrow, die auf goop.com dekadente Hausfrauentipps bloggt, etwa über das Dünsten von Austern und die Zubereitung eines Vollkornbrotes mit vegetarischem Speck, erntete für ihre Internetpräsenz vor allem Spott. Die Website sei "albern und rätselhaft", lästerte die New York Times.

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