Promi-Köche:Die neuen Entertainer

Der Streetworker, die Glamour-Köchin und der Show-Bayer - in der Spezies "Medienköche" sucht ein jeder seine Nische, um die Nation zu unterhalten.

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Alfons Schubeck; dpa

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Der Streetworker, die Glamour-Köchin und der Show-Bayer - in der Spezies "Medienköche" sucht ein jeder seine Nische, um die Nation zu unterhalten.

Der Show-Bayer

Definiert man den "Saurüssel", also das Land zwischen Inn und Salzach, einigermaßen großzügig, dann ist Schuhbeck, als Traunsteiner, einer aus dem Saurüssel. Lässt das Schlüsse zu? Nicht direkt, aber man kann darauf wetten, dass "der Fonse" aus der hohlen Hand ein Saurüssel-Gangerl herzaubern könnte, von dem man noch in fünfzig Jahren spräche. Obwohl er nie ein Geheimnis draus gemacht hat, dass es die Tradition ist, auf deren Grundlage sich sein kreatives Genie entfaltet, hielt man ihn für einen Wundermann und öffnete ihm so Mägen wie Herzen, von den Geldbeuteln ganz zu schweigen. Sein ostentativ und nicht selten krachert präsentiertes Bayerntum schmerzt allenfalls seine Landsleute; andernorts küsst man ihm dafür die begnadeten Pratzen. Nach Turbulenzen ist sein Imperium wieder saugut aufgestellt, er selbst in allen Gassen, wenn auch kein Hansdampf im engeren Sinn. Um ein Detail aus seiner Kunst zu nennen: Schmort man einen Kalbsfuß mit, wird die Soße zum Böfflamott um einiges gehaltvoller. Kann einer mehr für sein Land tun?

(Text: us/Foto: dpa)

Sarah Wiener; AP

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Die Glamourköchin

Wer ist eigentlich Sarah Wiener? Wenn man die Frau beobachtet, zum Beispiel bei der Berlinale, könnte man den Eindruck bekommen: Das muss eine internationale Berühmtheit sein, eine Filmdiva von Rang, denn die Fotografen rasten jedesmal aus, wenn die schlanke Sarah in ihrer Designerrobe über den roten Teppich huscht. Die Event- und Fernsehköchin hat den Boulevard erobert, und das liegt nicht nur an ihrer Liaison mit dem Schauspieler Peter Lohmeyer. Frau Wiener ist nach überall: Sie lächelt in jedem Buchladen auf Kochbuchcovern, sie steht am Fernsehherd und diskutiert mit Ernährungsexperten, sie beliefert die Berliner Partyszene mit Häppchen, die aussehen wie Mikadostäbchen, Blumengestecke oder Zigarren. Nebenbei macht sie noch das Catering in Museen, bei Promi-Bällen oder auf Massenveranstaltungen - und man fragt sich, ob die hübsche Sarah vielleicht bei Alfons Schuhbeck, dem Vielfältigem, in die Lehre gegangen ist. Sarah Wiener ist die Veronica Ferres unter den Fernsehköchen - sie sieht immer gut aus, sorgt für gute Quoten und trifft einen breiten Massengeschmack. Zur Not tut's auch mal eine Bulette. Oder ein Wiener Würstchen.

Text: chrm/Foto: AP

Tim Mälzer; dpa

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Der Kochkumpel

Würde man Tim Mälzer einen Sinn fürs Feingeistige zutrauen, man hätte den Titel seiner Koch-DVD "Der Küchenbulle" glatt für Selbstironie halten können. Weil Mälzers Humor aber eher der Art entspricht, in der er vor laufender Kamera Fleisch hackt, ist anzunehmen, dass "Küchenbulle" frei von Doppeldeutigkeit einfach sein selbstgewähltes Image beschreiben soll. Mälzer, der kleckernde Kochkumpel mit der Ausstrahlung eines gutgelaunten Preisboxers. Man kennt das aus der VOX-Sendung "Schmeckt nicht, gibt's nicht": Statt mit gestärkter Kochschürze rumpelt er in bunten T-Shirts hinter dem Herd herum, scheppert mit den Töpfen und wirft Zutaten statt mit dem Esslöffel mit der hohlen Hand "bei die Kartoffeln". Dabei redet er pausenlos im Hamburger Schnack mit sich selbst über Themen wie Kindercomics oder Bungeesprünge. Zum Glück sind Mälzers Demonstrationen genauso einfach wie seine Monologe, so dass er sich beim breiten, Haute-Cuisine-fernen Publikum großer Beliebtheit erfreut. Das brachte ihm bereits eine Goldene Kamera ein. Und ausverkaufte Hallen bei seiner Deutschlandtournee mit dem geistreichen, typisch Mälzer'schen Titel: "Ham'se noch Hack". chf

Text: chf/Foto: dpa

Ralf Zacherl; dpa

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Der Streetworker

Er könne aus Scheiße Pralinen machen, sagte Ralf Zacherl einmal markig und fast scheint es so, dass das Kochtalent mit dem Nuschelfuschelbart und der Glatze damit seine Marschrichtung festgelegt hat: Für RTLII guckt er als "Kochprofi" mit drei anderen Küchenkomikern bei Autobahnrasten, Imbissbuden und in Privathaushalten in die Töpfe. Oft knallt's, weil altgediente Küchenchefs sich von so einem Hanswurst nicht in die Suppe spucken lassen wollen, am Ende aber liegen sich alle unter Applaus der Gäste in den Armen, Tränen fließen. Die Gourmetführer schreien "Oh weh!", waren sie es doch, die den Gastwirtssohn aus Wertheim mit 26 Jahren zum jüngsten Sternekoch des Landes kürten. Nun sehen sie sein Talent an die Bundesstraßengastronomie verschwendet. Mag sein. Im Einerlei der Brutzelshows (zu dem auch er bei Kerner beiträgt) sind seine Besuche bei kulinarischen Brennpunkten mit hoher Fernfahrerbeteiligung jedoch großes Theater. Wer ihm einen Strick daraus drehen will, dem reicht er einen Spruch rein: "Der Topf ist rund, damit das Kochen die Richtung ändern kann." Bei Zacherl ist alles drin. Vielleicht kocht er bald im Kanzleramt.

Text: from/Foto: dpa

Horst Lichter; ddp

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Der Clown

Ohne Clowns ging noch nie etwas. Am Hof von August dem Starken etwa durfte ein Mann namens Joseph Fröhlich seine Scherze treiben. Da rutschten Wein und Wachteln noch viel besser in des Königs Ränzlein. Heute treffen sich gelangweilte Human Resources Manager, Immobilienspekulanten und Schönheitschirurgen nach Börsenschluss in Zelten. Dort wollen sie nicht nur gut essen, sondern sich - Event Gastronomie! - von Jongleuren, Akrobaten und Possenreissern von ihrem sonst sinnlosen Alltag ablenken - und prächtig unterhalten lassen. Prächtig heißt im Rheinland prächtisch, womit wir bei Horst Lichter wären. Lichter ist die Konfettikanone unter Deutschlands Köchen. Einer, der sagen kann, was er will - schon finden's alle unglaublich witzig - aber auch irgendwie echt philosophisch. Obwohl sie selber nie den Mut hätten, sich einen ähnlichen Schnurrbart wachsen zu lassen, hoffen Lichters Kochschüler vor ihren Fernsehern doch, dass ihnen wenigstens die Zubereitung seiner Speisen mehr Leichtigkeit, mehr Freude und mehr Sinn im Leben geben könnte. Streng genommen ist Lichter viel mehr als eine Konfettikanone. Er ist ein spirituelles Wunder.

Text: zip/Foto: ddp

Jamie Oliver; AP

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Der Erlöser

Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein Engländer zum bekanntesten Fernsehkoch Europas werden konnte. Dabei übersieht man, dass die Karriere von Topfdarling Jamie Oliver eine innere Zwangsläufigkeit hat. Wer, wenn nicht ein stinknormaler Essex Boy, der schon als Jugendlicher im Pub seines Vaters zu jeder Portion Fish'n Chips ein paar nette Worte servierte, hätte so viel street credibility, dass er damit eine der größten Küchen-Marketing-Maschinen der Welt vergessen lässt? Das Jamie Fieber beginnt, sobald die Kamera läuft. Sein markantestes Symptom: Dem Koch jede Botschaft abzukaufen: Kochen ist fun, Zutaten besorgt man nur bei besten Freunden, die Gräser von der Verkehrsinsel vor der eigenen Haustür schmecken toll, Jugendliche holt man von der Straße, indem man sie in Sternelokalen kochen lässt und Englands dicke Kinder rettet man mit einer Stange Sellerie für die Schulkantine. Jamies Erlöser-Qualitäten sind so öffentlichkeitswirksam, dass sogar die Blairs vor der Kamera in seiner Küche herumkrochen. Ein Besuch dort ist heute so wichtig wie weiland der bei Mutter Teresa.

(Foto: AP)

(SZ vom 15.2.2008)

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