Projekt Nichtraucher:Ich Lusche!

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Als Nichraucher erfährt man Zuspruch, Anerkennung und Lob? Weit gefehlt! Manche Menschen versuchen es auf die harte Tour.

Jürgen Schmieder

Ich habe in dieser Woche Post erhalten wegen meines Versuches, das Rauchen aufzuhören. Ich bekomme sehr viele nette Briefe von Lesern mit kleinen Anekdoten, lehrreichen Tipps und aufmunternden Worten, für die ich mich herzlich bedanken möchte. In der vergangenen Woche jedoch war ein Brief dabei, der war anders. Es war am vergangenen Freitag um 21.05 Uhr, als die E-Mail in mein Postfach trudelte.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Hier ist sie:

"Mann, Sie sind doch eine totale Flasche. Ich rauche seit über 15 Jahren nicht mehr, habe aber zuvor fast 20 Jahre lang täglich im Schnitt zwei Schachteln geraucht. Gitanes, Boyards, Celtics. Zigaretten, kein Schwuchtelzeug, wie es heute verkauft wird. Und jetzt lese ich ihr Gegreine."

Zuerst habe ich mich geärgert. Da hört man mit dem Rauchen auf, ist elf Wochen lang clean. Und dann wird man beschimpft. Danach war ich böse - auf mich selbst. Wie kann ich mich nur bei all dem Erfolg so mimosenhaft über diesen Brief ärgern? Ich war kurz davor, wegen diesem Ärgernis eine zu rauchen.

Auch meine Kollegen wurden in dieser Woche immer feindseliger. Meine Abneigung Rauchern gegenüber quittierten sie mit Kopfschütteln und Spitznamen wie "Wechsel-Pete". Ich wurde kreativ. Ich wollte die Kollegen in bester Uli-Hoeneß-Manier beschimpfen: Was sie denn glauben, wer sie seien, was sie sich denn erlauben und überhaupt! Ich sammelte neben Schimpfwörtern und Kraftausdrücken schon Emoticons, um meine Wut zu bebildern.

Dann wurde ich nachdenklich. Bin ich wirklich eine Lusche, die es nicht schafft, einfach mit dem Rauchen aufzuhören? Bin ich wirklich so willenlos wie Alfi und Spud und Konstantine und all die anderen Filmfiguren, die es nicht schaffen, von ihrem Laster wegzukommen? Schon wieder war ich sauer.

Ich war in Rage, ich war dabei, zum verbalen Hulk zu werden. Da tippt mir mein Chef auf die Schulter und sagt: "Vielleicht meint er es gut." Ich sah ihn so an, wie ein Kind seinen Vater anschaut, der ihm sagt, dass zehn Kugeln Eis nicht gut für den Magen sind.

Ich tippe in das E-Mail-Feld: "So, nachdem ich nun 20 Minuten wegen Ihrer Mail geheult habe, habe ich beschlossen, eine harte Sau zu werden und meinen Hintern zusammenzukneifen. Danke!"

Seine Antwort: "Hallo, freut mich, dass ich behilflich sein konnte."

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