Prinzessin Victorias Schwangerschaft:Retter der Monarchie

Ein Land steht Kopf: Gemeinsam mit Prinzessin Victoria und ihrem Mann Daniel freuen sich die Schweden auf den königlichen Nachwuchs. Warum die Schwangerschaft der Kronprinzessin zur wichtigen Staatsangelegenheit wird.

Gunnar Herrmann, Stockholm

Beim Mittagessen im Grand Hotel hat sie sich nichts anmerken lassen. Gut gelaunt speiste Kronprinzessin Victoria am Mittwoch mit Wirtschaftsvertretern. Um 14.55 Uhr beantwortete sie noch artig Reporterfragen, lächelte in die Kameras und brauste in einer schwarzen Limousine davon. Fünf Minuten später verkündete der Königshof auf seiner Internetseite die Sensation: "Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel haben die große Freude mitzuteilen, dass sie ein Kind erwarten." Der königliche Server brach kurz darauf zusammen. Und vor dem Stockholmer Schloss versammelten sich spontan einige hundert Menschen, um das Paar zu bejubeln.

Schwedens Kronprinzessin Victoria ist schwanger

Schwedens Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel mit einem Dauerlächeln auf den Lippen: Im nächsten Jahr erwartet Victoria ein Kind.

(Foto: dapd)

Victoria aber war an diesem Tag nur noch einmal auf dem Rücksitz des Autos zu sehen, das sie am frühen Abend heim ins Haga-Schloss am Stadtrand brachte. Was sollte sie auch sagen, zu so einer Nachricht, der ganz Schweden bereits seit der Hochzeit im Sommer vergangenen Jahres entgegenfiebert. Die Analysen der Hofexperten, die Bildstrecken vom Kinderzimmer, Fotos von Victoria und Daniel als Babys - alles war längst vorbereitet. Die Boulevardzeitungen füllten damit am Donnerstag bis zu 20 Sonderseiten.

Und wie sich die Kronprinzessin fühlt, musste sie nicht erklären, das konnte jeder sehen. Vom Rücksitz ihrer Limousine strahlte sie so herzlich, als wolle sie das Panzerglas weglächeln. Und als sie einen Tag später am Rande einer Veranstaltung dann doch ein kurzes Statement abgab und sich für die Glückwünsche bedankte, da strahlte sie immer noch. Sie wirkt in diesen Tagen einfach rundum glücklich - und erleichtert.

Victoria mag Kinder und will Mutter werden. Das hat sie oft in Interviews gesagt. Mindestens ebenso oft wurde geschrieben, dass sie auch Mutter werden muss. Zu ihren Pflichten gehört es nun mal, die Erbfolge zu sichern. So einfach ist das. Und gleichzeitig so schwer: Denn das hat eben nichts mehr mit privaten Wünschen zu tun, sondern mit der schwedischen Verfassung, der zufolge nur ein Bernadotte Regent werden kann. Victorias Schwangerschaft ist darum auch eine Staatsangelegenheit. Auf der 34-Jährigen und ihrem 37-jährigen Ehemann lasteten somit große Erwartungen. Seit der Hochzeit verging kaum ein Monat ohne Spekulationen in den Revolverblättern. Ständig waren Bilder von Victorias Bauch zu sehen: Ist er gerundet? Warum ist er so flach? Quellen bei Hofe berichten, dass das junge Paar diese Art von Zeugungsdruck recht anstrengend fand.

Umso größer ist nun die Freude, dass es geklappt hat. Elisabeth Tarras-Wahlberg, ehemals Mentorin der Kronprinzessin, sagte der Zeitung Expressen, die Nachricht sei "sehr wichtig" für die Monarchie. "Es ist eine neue Generation, die auf diese Weise hoffentlich gesichert wird." Das Kind, das voraussichtlich im März zur Welt kommt, wird von Geburt an den Titel Prinz oder Prinzessin tragen und in der Thronfolge an zweite Stelle treten, direkt hinter Mutter Victoria, die eines Tages die Krone von ihrem Vater Carl XVI. Gustaf übernehmen soll. Bruder Carl Philipp rutscht auf den dritten Platz in der Erbfolge.

Ob Victorias Kind wirklich einmal Staatsoberhaupt wird, lässt sich unmöglich vorhersagen. Die europäischen Königshäuser sind voll von Prinzen und Prinzessinnen, die freiwillig auf ihre Ansprüche verzichteten, weil sie lieber etwas anderes sein wollten als Monarch. Stärken wird der jüngste Bernadotte das schwedische Königshaus aber in jedem Fall, urteilen selbst Kritiker der Monarchie wie Lena Melin, Kommentatorin der Zeitung Aftonbladet.

Schließlich kommt die frohe Nachricht zu einer Zeit, in der der Hof positive Publicity dringend braucht. Denn das Jahr nach Victorias Hochzeit war ein schlechtes Jahr für die Monarchie: Gerüchte über König Carl Gustafs Rotlicht-Eskapaden und Enthüllungen über die Nazi-Vergangenheit von Königin Silvias Vater Walther Sommerlath beherrschten die Schlagzeilen. Das Bild vom königlichen Familienidyll am Mälarsee war ziemlich angekratzt. Doch nun wird der König zum Opa. Und sein Enkelkind wird im Haga-Schloss das denkmalgeschützte Spielzimmer beziehen, durch das in den 1950er Jahren schon der kleine Carl Gustaf mit seinen Schwestern tobte. Eine schönere Gelegenheit, sein Image aufzupolieren, hätte sich der Regent kaum wünschen können.

Die größten Veränderungen aber dürfte der Nachwuchs für Prinz Daniel bringen. In den Augen vieler Schweden hat der "Mann aus dem Volk" die Familie Bernadotte bereichert. Daniel, geborener Westling und Fitnesstrainer mit Wurzeln in der Kleinstadt Ockelbo, hat die Untertanen seit der Hochzeit angenehm überrascht. Er begleitet seine Frau oft auf Termine, patzt dabei nie und hält sich stets vornehm im Hintergrund. Als Vater eines Thronerben wird er künftig wohl etwas mehr ins Scheinwerferlicht rücken. Schon jetzt wird spekuliert, wie er wohl seine Elternrolle ausfüllt. "Es wird sicher eine heftige Debatte darüber geben, ob der Prinz Elternzeit nimmt", prophezeit die Journalistin Ebba von Sydow in der Zeitung Dagens Nyheter.

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