Geklebte Popkultur: Büroangestellte in Paris greifen zu ihren ureigenen Waffen und liefern sich mit selbstklebenden Notizzetteln eine sehenswerte Schlacht um die bunteste Firmenfassade. Hergés Tim, Super Mario und Pac Man kämpfen an vorderster Front. Sommerferien in Frankreich, da kehrt in den Büros der Daheimgebliebenen Ruhe - wenn nicht gar ein Anflug von Langeweile - ein. Angestellte in Paris haben sich daher in diesem Sommer einer Schlacht um Bilder verschrieben, ausgetragen mit den Waffen der Bürohengste:
Mit Klebezetteln kreieren die von der Sommerhitze geplagten Angestellten pixelige Kindheits-Helden auf den Glasfassaden ihrer Büros. Hinter den Fenstern der Bank Société Générale etwa liefern sich die Computerspiel-Helden Super Mario und Yoshi noch einmal ein erbittertes Wettrennen. Im Kampf um die Glasfassaden gelten einfache Regeln: Das eigene Motiv muss größer, aufwändiger und origineller als das im Fenster des Nachbarn sein.
Angefangen hat der bunte Büro-Jux nach Recherchen des britischen Guardian im Mai in Montreuil, einem Industriegebiet im Osten der französischen Hauptstadt. Von dort schwappte der Zettel-Trend über in das Büroviertel La Defense hinein in die Stadt und erfasste Medienunternehmen, Getränkekonzerne und sogar Kirchen. Hier haben die Angestellten des Energiekonzerns GDF eine Szene aus Tim und Struppi - Reiseziel Mond, gleich über mehrere Etagen geklebt.
Wer in einem Büro mit kleinen Fenstern sitzt, hat da schon einen gewissen Wettkampfnachteil. Aktueller Champion im Klebe-Krieg sind Medienberichten zufolge die Mitarbeiter des Video-Spieleentwicklers Ubisoft. Über drei Stockwerke erstreckt sich dort das detailreiche Abbild einer Figur aus Assasin's Creed, geklebt aus mehr als 3000 Zettelchen und so kompelex, dass es am Computer entwickelt werden musste. Doch nicht nur Comic- und Computerspielhelden regieren die Fassaden der französischen Arbeitswelt, ...
... auch Schriftzüge, Eigenkreationen oder Popkultur gewordene Logos treten an im Kampf um das bunteste Ablenkmanöver. Kleine Kunstwerke wie dieses Rolling-Stones-Logo an der Fassade eines TV-Konzerns sollen inzwischen auch in Lyon und Lille gesichtet worden sein.
Aus der Guerilla-Aktion vom Mai ist längst eine konzertierte Aktion geworden. Auf dem Facebook-Profil von Post-it War wird neu erobertes Gebiet triumphierend gefeiert - darunter sogar Fenster in Belgien und den Niederlanden.
Ein eigener Foto-Blog sammelt die originellsten Fassadengemälde, betrieben wird er von einer Pariser Werbeagentur. Bei Freunden von Verschwörungstheorien könnte da fast der Verdacht aufkommen: War der kreative Zeitvertreib am Ende nur die virale Werbeschlacht eines Klebezettelherstellers?