Kann eine Gehirnforscherin erklären, was Liebe ist? Selbst Experten haben an dieser Frage zu knacken. "Ich würde Liebe nie auf ein paar Gehirnströme reduzieren", sagt die Neurowissenschaftlerin Kia Nobre, die das Oxford Centre for Human Brain Activity leitet. Mit ihrem Mann, dem Philosophen Luciano Floridi, ist sie sich darüber ausnahmsweise einigermaßen einig. Er ist Philosoph, Forschungschef am Oxford Internet Institute, und hat noch eine eigene Definition: Liebe sei die ultimative Schwäche, sagt er.
Die beiden sind seit 16 Jahren ein Paar, noch nicht sehr lange, finden sie. Und im Interview mit "Plan W - Frauen verändern Wirtschaft" reden sie miteinander über Dinge, die sie sonst auch am Frühstückstisch in ihrem Landhaus südöstlich von Oxford besprechen. Ihr großes Thema: Wie spielen Gehirn und Geist zusammen? Was stärker ist, die Biologie oder die Ideen, dazu unterscheiden sich ihre Meinungen, auch wenn sie sich im Laufe ihrer Ehe schon etwas angenähert haben.
Früher habe sie gedacht, den freien Willen gebe es nicht, sagt Nobre, "womöglich ist alles nur Biologie, Physik, Elektrizität, die durch ein paar Zellen schießt". Für Floridi hingegen ist klar: "Geist geht vor Gehirn". Allerdings sei er im Laufe der Jahre nachdenklicher geworden. "Je älter man wird, desto weniger glaubt man daran, die Dinge vollkommen unter Kontrolle zu haben", sagt er, "viel hängt doch davon ab, wo man geboren ist, in welcher Familie man aufgewachsen ist, welche Sprache man spricht". Weil sich die Möglichkeiten, Gehirnaktivitäten zu untersuchen, erst in den vergangenen Jahren rasant entwickelt haben, steht die Forschung bei vielen Fragen, die das Innere des Kopfes betreffen, noch ganz am Anfang. Bis man wirklich bewiesen hat, was zwischen den Schädelplatten vorgeht, findet Nobre einen pragmatischen Ansatz hilfreich: "Selbst wenn wir glauben, dass wir nicht alles unter Kontrolle haben, sollten wir so leben, als könnten wir die Dinge immer beeinflussen".
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