Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen, heißt es. Doch wie viele Personen braucht es, um ein Kind auf die Welt zu bringen - einen Arzt, eine Hebamme? Den werdenden Vater, dessen Mutter, die eigene Mutter? Oder vielleicht auch noch ein paar Freunde und die Nachbarschaft?
Immer mehr junge Frauen wollen offenbar die Geburt ihres Babys mit nahestehenden Menschen teilen und machen aus ihrer Niederkunft ein öffentliches Happening. Das hat eine Befragung vonn 2000 Frauen durch den Video-Blog Channel Mum, eine britische Webseite für werdende Mütter, ergeben. Der Umfrage zufolge würden sich dabei bis zu 15 Personen die Klinke der Kreißsaaltüre in die Hand geben, im Durchschnitt seien es acht (das medizinische Personal nicht eingerechnet). Und alles, während die Gebärende sich windet, hechelt, vor Schmerzen stöhnt - und die Kamera läuft. Wie der britische Telegraph berichtet, hat das Phänomen einen Namen: Crowd-Birthing.
Die Wohngemeinschaft ist dabei
Doch ganz neu ist das Phänomen nicht - nur die Motivation dahinter. Als Hebamme mit 30-jähriger Erfahrung hat Christiane Schwarz schon viele solcher "öffentlicher" Geburten begleitet. In manchen Kulturkreisen wie zum Beispiel bei den weißen Maori in Neuseeland sei es sogar üblich, das Kind im Kreise der Verwandten auf die Welt zu bringen: "Der Clan zählt mehr als das Individuum, und jede Person übernimmt eine bestimmte Aufgabe".
Auch in Deutschland hat Schwarz schon erlebt, dass die Gebärende ihre komplette Wohngemeinschaft oder ihre Verwandten dabei haben wollte, etwa im Geburtshaus oder bei einer Hausgeburt. Dort sei das auch kein Problem - im Gegensatz zum Kreißsaal: "Da haben wir nicht genug Platz, es dürfen immer nur zwei Personen zur selben Zeit hinein", sagt die Hebamme. Die Besucher müssten sich daher abwechseln. "Dann halten viele Väter die Handykamera drauf und holen sich die Teilnahme und das Publikum über Facebook und Twitter herein."
Der gegenwärtige Trend des "Crowd-Birthing" basiere auf einer klaren Motivation, glaubt Schwarz: "Die junge Generation lechzt danach, wahrgenommen zu werden. Das funktioniert bei einem exotischen Ereignis wie der Geburt extrem gut - so wird die Frau quasi im eigenen Bekanntenkreis berühmt." Prinzipiell habe sie nichts dagegen, so lange die Gebärende mit der Situation klarkäme.