Es ist das richtige Signal zur falschen Zeit, dass Philipp Rösler nun eine Entlastung für pflegende Angehörige in Deutschland verspricht. Die Betroffenen sollen laut Rösler zeitlich, organisatorisch, seelisch und finanziell entlastet werden. Sie sollen mit den Pflegebedürftigen einen Tapetenwechsel durch spezielle Kuren auf Kassenkosten erhalten. Sachbearbeiter sollten flexibler über die Bewilligung von beispielsweise Rollstühlen entscheiden können.
Bundesgesundheitsminister Rösler (FDP) macht sich bei Florian Witzka (li.) und dessen Mutter während eines Hausbesuches im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick ein Bild davon, wie betroffene Familien mit staatlichen Hilfeleistungen zurechtkommen. Nun will er pflegende Angehörige unterstützen. Das ist nur ein Anfang, aber immerhin mal der richtige.
(Foto: dpa)All das hört sich gut an - für den Laien, und dies ist der Wähler in der Regel und in diesem speziellen Fall. Pflegende Angehörige mögen ein paar Zusatzwähler sein für die in ihren Umfragewerten stark geschwächte FDP, die nach ihrem Triumph im vorvergangenen Jahr nun im Umfragetief steckt. Und so zeigt sich Philipp Rösler im selbst ausgerufenen "Jahr der Pflege" nach seinen bisher gescheiterten Vorstößen milder, versöhnlicher, will auf die Menschen, sprich auf die Wähler zugehen - freilich dann immer von Kameras begleitet.
Für die Betroffenen aber, und das sind bis zu vier Millionen pflegende Angehörige in diesem Land (von rund 2,3 Millionen Pflegebedürftigen werden etwa 1,6 Millionen zu Hause betreut, hinzu zählt der Sozialverband VdK weitere 2,5 Millionen alte, gebrechliche und verwirrte Menschen, die ebenfalls von Familienmitgliedern versorgt werden, aber kein Geld aus der Pflegekasse bekommen) ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Reha-Aufenthalte für Angehörige, die von ihrer familiären Schwerstarbeit entlastet werden müssen, sind eine feine Sache - noch besser wäre es allerdings, die Finanzierung der Pflege auf vernünftige Beine zu stellen. Es klingt nach Hohn, wenn ihnen das Gefühl vermittelt wird, sie sollten doch einfach mal ausspannen, auf Staatskosten, um sich nach der Reha wieder verstärkt um ihre kranken Angehörigen kümmern zu können.
Viele dieser Familienangehörigen leisten zu Hause eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, sie können selbst nicht oder nur in Teilzeit arbeiten, weil dafür neben der Pflege kaum Zeit bleibt. Was sie benötigen, ist ganz bestimmt Urlaub - aber ebenso wichtig wäre eine gesellschaftliche Anerkennung, eine Auseinandersetzung mit dem Thema ähnlich der Kinderbetreuung. Und das nicht nur dann, wenn sich die FDP gerade in einem Umfragetief befindet.
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