Kundschaft von Luxusmarken:Du kommst hier nicht rein!

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Wandelnde Imageschäden: Kunden können sich die Labels aussuchen, aber die Labels nicht die Kunden. Und so gerne mancher Designer It-Girls und anderen Skandal-Shoppern ein Kaufverbot erteilen würde - die Luxuslabels sind auf die peinliche Kundschaft angewiesen.

Julia Werner

Vor einigen Monaten, zu der Zeit, als gerade Anklage gegen Silvio Berlusconi wegen Sex mit einer Minderjährigen erhoben wurde, rückte im italienischen Fernsehen eine Randgruppe in den Mittelpunkt: die "Papi Girls". Papi Girls sind Mädchen, die den italienischen Ministerpräsidenten zärtlich Papi nennen und einen von Papi bezahlten Wohnsitz in der Mailänder Wohnanlage Olgettina haben.

David Beckham, Victoria Beckham

Die Designerbrille auf dem spitzen Näschen, am einen Arm Ehemann David Beckham und am anderen eine Birkin-Bag - so lässt sich Victoria Beckham gerne von den Paparazzi ablichten. Mittlerweile haben auch die beteiligten Designer Freude an solchen Fotos: Schließlich gilt das Ex-Spice-Girl als Stilikone.

(Foto: AP)

Eine schauderhafte Vorstellung. Was aber stilsicheren Frauen vor dem Fernseher wirklich das Blut in den Adern gefrieren ließ, war ein Bild, das man nur für den Bruchteil von Sekunden sah, als das Papi Girl Maristella Polanco ein Interview gab. Jene Person, von der man wusste, dass ihr Lebensgefährte ein halbes Jahr zuvor mit zwölf Kilo Kokain erwischt wurde - und dass sich das Koks in einer Tasche aus ihrem Besitz befand.

Gefallenes Symbol wahrer Klasse

Während also diese Maristella in Starmanier mit ihren Plastikfingernägel-Fingern die riesige Sonnenbrille absetzte und versicherte, was für ein guter Mensch Berlusconi sei, baumelte eine riesige, authentische Hermès-Birkin-Bag an ihrem Unterarm. Einstiegspreis: 4000 Euro. Die Tasche, von der uns immer eingeredet wurde, dass sie das Symbol wahrer Klasse sei.

Innerhalb von Sekunden wurde eine Illusion zerstört. Sofort stellte sich die Frage: Wenn die Papi Girls diese Tasche tragen, will man, darf man dann noch eine Birkin-Bag haben? Schließlich möchte man mit Jane Birkin in einer Gruppe sein, aber nicht mit Escort-Damen.

Was sagt man bei Hermès zu diesem Fauxpas?

"Es gibt bei uns keine 'Abwehrstrategien' oder 'Negativlisten'. Jedem Kunden wird der Wunsch nach einer Tasche erfüllt. Unser Haus forciert weder eine bestimmte Kundschaft noch wehrt es Kunden ab. Und dass ein Promi eine Tasche von uns trägt, erfahren wir nur aus der OK! oder der InTouch. Das wird nicht kommuniziert - es herrscht absolute Diskretion und Unaufgeregtheit mit diesem Thema."

Dass Luxushäusern offiziell kein Wort über Image-Strategien über die Lippen kommt, ist klar. Dass ihnen die falschen Kunden aber ein Dorn im Auge sein müssen, lässt folgende Anekdote über Modedesigner Tom Ford vermuten: In seiner Gucci-Ära soll er einmal einen Tobsuchtsanfall bekommen haben, weil er Victoria Beckham in einem seiner Entwürfe sah. Als sein PR-Team beteuerte, nichts damit zu tun zu haben, die Beckham habe alles selber in einem Gucci-Shop gekauft und bezahlt, da soll er geschrien haben: Haltet sie davon ab!

Das Problem hat sich mittlerweile erledigt, Frau Beckham ist mittlerweile selbst geachtete Designerin und gilt als Stilvorbild. Das Problem der falschen Leute im Laden aber bleibt. Kunden mit fragwürdigen moralischen Verhaltensweisen sind heute neben geschmacklosen Fußballergattinnen und Dschungelcamp-Teilnehmern der absolute Image-GAU.

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