Süddeutsche Zeitung

Partnersuche für Ältere:Es gibt nichts zu verlieren

Viele Senioren haben Zeit, doch oft fehlt ein Mensch an der Seite, um sie zu genießen. Tipps, wie die Generation 65 einen Partner findet.

Die Statistik zeigt: Bei den über 65-Jährigen sind Frauen in der Mehrheit. Manch eine ist getrennt, geschieden oder verwitwet. Obwohl die Sehnsucht nach einem Lebensbegleiter oft groß ist, fehlt vielen Frauen der Mut, den ersten Schritt zu gehen. Bin ich zu alt? Will mich überhaupt noch einer haben? "Liebe ist keine Frage des Alters, sondern der inneren Einstellung", sagt Marcus Damm, Diplom-Psychologe aus Worms. "Achten Sie nicht auf die Meinung anderer Leute." Auch die Diplom-Psychologin Lisa Fischbach aus Hamburg rät zu Selbstbewusstsein: "Nehmen Sie sich das Recht für neues Lebensglück."

Ob Tanzkurs, Seniorenreisen oder Ehrenamt: "Gehen Sie so oft wie möglich unter Menschen, seien Sie offen für neue Kontakte", rät Fischbach. Denn der Mann fürs Leben steht nicht plötzlich vor der Haustür. Schüchternen Charakteren fällt die Kontaktaufnahme leichter, wenn es eine gemeinsame Basis für Gesprächsstoff sorgt. "Das geht am besten in Seminaren, Sprachkursen oder Vereinen."

Doch Flirten ist nicht ortsgebunden. Auch im Park, Café oder Schwimmbad sollten Frauen Mut zur Kontaktaufnahme haben, wenn ihnen ein Mann gefällt. "Sehen Sie den Flirt einfach als spielerische Form des Kennenlernens ohne sexuellen Hintergedanken", rät die Diplom-Psychologin Bettina Franzke aus Mannheim.

Wenig hilfreich ist es, sich dabei selbst unter Druck zu setzen. "Denken Sie immer daran, dass Sie nichts zu verlieren haben, sondern immer nur gewinnen können", rät Franzke. Auch wenn es nur ein kurzes Gespräch ist, bleibt hinterher meist ein gutes Gefühl zurück. "Flirten macht Spaß und stärkt das Selbstbewusstsein."

Doch wie funktioniert ein Flirt mit 65 plus?

"Genauso wie bei jungen Menschen", sagt Franzke. Interessierte Blicke, Smalltalk, ein Lächeln - das Rezept zum Kennenlernen ist universell. Und wie bei 20-Jährigen ist der erste Eindruck entscheidend. "Strahlen Sie Gelassenheit aus, nutzen Sie positive Flirtthemen", rät Fischbach.

Durch Erzählungen über Hobbys lassen sich Gemeinsamkeiten entdecken, die das Gespräch anregen. Zu privat sollte es am Anfang allerdings nicht werden. "Reden Sie nicht gleich über den Ex-Partner oder wie sehr Sie unter dem Single-Dasein leiden." Auch eine Auflistung der Wehwehchen kann erstes Interesse im Keim ersticken.

Verläuft das Gespräch gut, sollten Frauen nicht davor zurückschrecken, eine Einladung für ein Treffen auszusprechen. "Viele Frauen sehen immer noch den Mann in der Verantwortung, doch auf diese Weise können Chancen verpuffen", warnt Marcus Damm.

Aber was können Seniorinnen tun, wenn trotz offener Augen weit und breit kein passender Mann in Sicht ist? "Oft sind zu hohe Erwartungen schuld", sagt Franzke. Viele Frauen suchen nach einem Abziehbild ihres ehemaligen Partners und können dadurch nur enttäuscht werden. "Vermeiden Sie Projektionen, lassen Sie die Vergangenheit ruhen", rät Damm. Um offen für einen neuen Partner zu sein, müssen die eigenen Ansprüche überdacht werden. "So lässt sich schnell feststellen, ob man nicht Unmögliches erwartet."

Möglichkeiten, Gleichgesinnte zu treffen, bietet auch das Internet. Auf Themenplattformen wird nicht nur gefachsimpelt, sondern auch über den Alltag gechattet. Ganz nebenbei lernt man sich dabei kennen. Wer diesen Umweg nicht gehen will, kann sich direkt an eine Partneragentur wenden. "In der Generation 55 plus verzeichnet die Online-Partnersuche hohe Zuwachsraten", sagt Fischbach.

Jeder Nutzer hat dabei ein persönliches Profil, psychologische Tests sollen passende Partner zusammenbringen. "Viele Senioren empfinden diese Form der Suche als sehr angenehm", sagt die Psychologin. Man kann in Ruhe am Computer Fotos anschauen, Lebensbeschreibungen lesen und per E-Mail Kontakt aufnehmen. "Durch das Internet können Sie Menschen kennenlernen, die Sie sonst nie getroffen hätten."

Ist dann tatsächlich der Richtige dabei, rät Marcus Damm, nicht zu lange mit den eigenen Gefühlen hinterm Berg zu halten: "Sagen Sie offen, was Sie empfinden und was Sie sich wünschen." Auch wenn der Andere die Gefühle nicht erwidert, "dann wissen Sie wenigstens, woran Sie sind".

Literatur: Marcus Damm: Nie wieder Single. So finde ich meinen Traumpartner, Junfermann, 11,90 Euro; Maria Schäfgen: Liebe aus dem Netz, Orlanda, 12 Euro.

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