La Boum:Der Blob

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(Foto: Steffen Mackert)

Unsere Kolumnistin verwandelt sich in ein Mischwesen aus Pilz und Fleisch. Und möchte nie wieder ins Bikram-Yoga.

Von Nadia Pantel

Weil ich irgendwann im Dezember gelesen hatte, dass es sich in einer Pandemie nicht lohne, gute Vorsätze zu fassen, fasste ich keine. Ich kann das nicht weiterempfehlen. Die ersten Januartage neigen dazu, öde und grau zu sein, in diesem Jahr waren sie es ganz besonders. Wenn man überhaupt nichts vorhat, wird man zu einem Blob, der in der Wohnung sitzt, als wären Saugnäpfe am Sofa.

Wäre ich kein Blob, könnte ich in den Pariser Zoo gehen. Dort lebt ein anderer Blob. Wenn ein Blob einen anderen trifft, können diese zwei Blobs ihr Wissen miteinander teilen, sie sind dann ein doppelt schlauer Doppel-Blob. Allerdings können sich Blobs nicht sehr schnell bewegen, deshalb treffen sie einander nicht besonders oft. Sonst wären sie jetzt so schlau, dass wir sicher schon mehr von ihnen gehört hätten.

Ich habe bislang genau einmal von dem Pariser Blob gehört. Ich stand in der Zooschlange im Dezember 2019, mein Sohn wollte Pinguine sehen. Hinter mir redete ein Paar sehr laut Deutsch. Wir waren bald Teil ihrer Unterhaltung. "Ach, Sie sind auch Deutsche? Sind Sie auch wegen dem Blob da? Also, wir sind ja extra aus Köln hier wegen dem Blob." Die Kölner waren sehr irritiert, dass wir nichts von der Existenz des Blobs wussten. Wir wussten noch nicht einmal, dass er 720 Geschlechter hat, gelb ist und hochintelligent. Die Kölner lesen das hier hoffentlich nicht, aber ich habe meinen Blob-Kollegen bis heute nicht besucht.

Als ich nach der Stunde nicht in den Vorraum kotze, ist der Bikram-Lehrer enttäuscht

Wir beide sind Mischwesen aus Pilz und Tier. Also etwas, das man gern mit Zwiebeln und Sahne in eine Pfanne geben würde. "Ach, Quatsch", sagte mein Freund, "ich will dich überhaupt nicht mit Sahne und Zwiebeln in eine Pfanne tun." Und erinnerte mich daran, wie ich früher mal gute Vorsätze gefasst hatte und mich eines Januars mal bei einem Bikram-Yoga-Kurs angemeldet hatte.

Yoga darf sich nur dann Bikram nennen, wenn es in einem 40 Grad heißen Raum ausgeführt wird. In meinem Bikram-Kurs schrie ein kleiner, dünner Mann Drohungen in den Raum. "Wenn der Schweiß in euren Augen brennt, ist das ein Zeichen, dass ihr euer Leben ändern müsst!" Wenn Leute umzukippen drohten, legte er ihnen ein Stück Traubenzucker auf die Zunge wie eine Oblate beim Abendmahl. Am liebsten sagte er: "Und push, push, push." Ich pushte nicht immer.

Dem Yogalehrer entging das nicht. "Rotes T-Shirt, schwarze Hose: Geh an deine Grenze. Go, go, go." Als ich nach der Stunde nicht wie eine andere Anwesende in den Vorraum kotzte, war er enttäuscht. "Du bist zu schwach, du musst öfter kommen", sagte der kleine, dünne Mann.

Sollte ich es jemals zu meinem Blob-Freund in den Zoo schaffen, würde ich sofort mein wichtigstes Wissen mit ihm teilen: "Geh nie zum Bikram-Yoga." Und der andere Blob würde nur lachen. "Ich habe 720 Geschlechter, glaubst du, ich brauche Bikram-Yoga?"

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