Paris-Kolumne "La Boum":Hugh Grant und der Esel

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(Foto: Steffen Mackert)

Beinahe hätte unsere Kolumnistin in Südfrankreich einen berühmten Schauspieler getroffen, der mal was mit Julia Roberts hatte. Deshalb überlegt sie jetzt, einen Blumenladen aufzumachen.

Von Nadia Pantel

Hugh Grant, das wusste ich bis vor Kurzem auch nicht, hat ein Ferienhaus in der Provence. Ich erfuhr von diesem Ferienhaus, als ich bei Freunden auf der Terrasse saß und eine Drohne über unseren Köpfen kreiste. Das läge an ihrem Nachbarn, ein Schauspieler, sagten sie und erwähnten einen Namen, in dem sie ein Ü untergebracht hatten. Ah, wieder einer dieser französischen Stars, die ich nicht kenne, dachte ich. Die Drohne drehte ab, so ein Akku hält ja nicht ewig, und wir redeten über etwas anderes. Als mein Sohn und mein Freund am nächsten Tag vom Eierkaufen zurückkamen, waren sie beide aufgeregter, als man es nach einem Gang zum Supermarkt erwarten würde. Wir haben Hugh Grant gesehen, sagte mein Freund. Wir haben einen Esel gesehen, sagte unser Sohn. Hugh Grant hatte "Bonjour" gesagt. Der Esel nicht. Hugh Grant hatte eine Tennistasche dabei. Der Esel hatte ein Stirnband mit bunten Fransen getragen.

Ich habe diesen großen Moment verpasst, weil ich spazieren gegangen war. Dabei belauschte ich drei Männer, die sich sehr laut unterhielten. "In 'Pretty Woman' fand ich ihn echt gut." "Hä? War das nicht dieser andere in 'Pretty Woman'?" "Aber es gibt doch diesen Film, da verliebt er sich in Julia Roberts." "Ah, stimmt, da ist er Buchhändler." "Auf jeden Fall sieht er jetzt irre alt aus."

So saßen wir also in der Sonne, beziehungsweise in der Küche, weil es draußen zu heiß war, und dachten ans Sterben. Okay, wahrscheinlich dachten die meisten nur ans Abendbrot, aus den Eiern sollte ein Gratin werden. Aber trotzdem: Wenn Hugh Grants Gesicht, ich zitiere einen Augenzeugen, "komplett zerfurcht" ist, was heißt das dann für uns? Für Menschen, die nicht monatlich den Gegenwert eines Kleinwagens in Hautpflege investieren können? Als Frau kurz vorm 40. Geburtstag käme für mich im nächsten Hugh-Grant-Film nur eine Rolle als verschrobene Blumenhändlerin infrage, die selbst schon zur Pflanze geworden ist, während er, Furchen hin oder her, mit einer 20-Jährigen eine Familie gründet.

Andererseits: Was für ein Stress, jetzt eine Familie mit Hugh Grant zu gründen. Es ist zwar nicht so, als hätte er konkret darum gebeten, aber wenn es so käme, müssten wir bei jedem Gang zum Tennisplatz Touristen zulächeln, die uns mit schreckgeweiteten Augen anschauen, weil irgendwas von der Kino-Erwartung abweicht. Und ich spiele noch nicht mal Tennis. Ein Blumenladen hingegen, oder vielleicht ein Buchladen - wie angenehm! Und irgendwann käme Julia Roberts herein mit ihrem Riesenlächeln, ich würde meine Falten auch nach oben biegen, etwas Magisches würde passieren, und ich hätte eine Wohnung in London. Oder war das schon wieder Hugh Grant? Oder 'Ügh Grant? Die siebte Woche der Schulferien war angebrochen, unsere Hirne waren sandig. Bald ist rentrée, sagte die Freundin, in deren Haus wir uns eingewanzt hatten. Wir waren alle erleichtert.

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