La Boum:Erst Detox, dann Retox

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(Foto: Steffen Mackert)

Unsere Kolumnistin befindet sich auf der Ja-Straße, die führt direkt ins Yoga-Retreat. Dort trinkt sie tagsüber Smoothies, abends balanciert sie Champagnergläser auf dem Kopf und isst ein ganzes Boot voller Meerestiere.

Von Nadia Pantel

Meine Versuche, mich nach dem langen, öden Winter möglichst geschmeidig wieder ins Leben zu flechten, führten mich vergangenes Wochenende in die Bretagne. Eine Freundin hatte mich zu einem Yoga Retreat mitgenommen. Ich habe zwar selten das Bedürfnis, mich mit dem Kopf nach unten hinzustellen oder tief in den Bauch zu atmen, aber ich war gerade auf der "Ja-Straße" unterwegs, als die Idee mit dem Yoga Retreat aufkam. Ja-Straße nannte ein Freund von mir die sechsmonatige Phase, in der seine kleine Tochter einfach alles super fand. Von der Ameise bis zum Zähneputzen. Je älter man wird, desto seltener erwischt man die Ja-Straße, dabei ist sie die lustigste aller Straßen.

Als die Yogalehrerin sagte, "dein Atmen strömt aus dir heraus und reinigt dabei deine Schädeldecke von innen", entschied ich mich, meinen Schädel von innen zu reinigen, indem ich das Zuhören beendete. Stattdessen freute ich mich auf den Abend. Mich hatte weniger das Yoga gelockt, sondern die Aussicht auf Cidre, Krebse und Mayonnaise. Der Workshop fand nicht nur in der Bretagne statt, eine der Teilnehmerinnen hatte bretonische Schwiegereltern. Morgens tranken alle noch brav Smoothie, aber von 19 Uhr an übernahmen die Bretonen die Versorgung.

Der Schwiegervater hatte ein riesiges Styroporboot vor die Tür gezerrt, in dem sich Schnecken, Muscheln und Panzertiere stapelten. Die Schwiegermutter hatte dazu einen Eimer Mayonnaise angerührt. Morgens Detox, abends Retox - es war alles sehr ausgeglichen. Mein Beitrag bestand darin, dass ich ein Champagnerglas auf meinem Kopf balancierte, wie eine Robbe im Zirkus den Ball auf der Nase. Es gibt leider glaube ich keine gute Technik, mit der man diesen Trick erlernen kann. Man braucht einfach einen platten Kopf.

Der Tag begann eher unkaribisch

Am nächsten Morgen gingen mein innen wie außen platter Kopf und ich an den Hafen, um einen starken Kaffee zu trinken. Es nieselte. Während wir das Meerestiereboot leer aßen, hatten die Bretonen behauptet, bei ihnen würde es aussehen wie auf den Antillen, sobald die Sonne scheint. Der Himmel war grau, der Tag begann eher unkaribisch und ein Mann schleppte ein altes Dreirad heran. Und dann noch eins und dann noch eins. Er verteilte die Dreiräder auf dem Kreisverkehr, der die Autos bremste, bevor sie zur Hafenpromenade abbogen. Als ich nach der Schule nicht wusste, was ich mal werden soll, habe ich gern erzählt, mein Traum sei es, Kreisverkehre in Frankreich zu dekorieren. Man darf da wirklich alles draufstellen. Wobei die meisten Dörfer sich auf riesige Stühle einigen.

Dieser Kreisverkehr jedenfalls, das verstand ich jetzt, feierte die Tour de France. Zu den Dreirädern wurden noch baumgroße gelbe Trikots aus Holz aufgebaut. Im Café erklärten sie mir, dass der kleine, graue Antillenhafen Teil der Tourstrecke sein würde. Kurz stellte ich mir vor, wie wir den Fahrern zur Stärkung Mayonnaise zuwerfen könnten, dann fiel mir auf, dass wir den Topf längst geleert hatten.

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Paris-Kolumne
:La Boum

Nadia Pantel ist SZ-Korrespondentin in Frankreich. Über ihr Leben in Paris schreibt sie jeden Freitag die Kolumne "La Boum". Hier gibt es alle bisher erschienenen Folgen zum Nachlesen.

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