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Paris: Dior-Schau ohne Galliano:Als die Models Trauer trugen

Defilee ohne Designer: Nach dem Skandal um antisemitische Beleidigungen fand die Dior-Schau in Paris ohne den geschassten Kreativ-Kopf John Galliano statt.

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Defilee ohne Designer: Nach dem Skandal um antsemitische Beleidigungen fand die Dior-Schau in Paris ohne den gechassten Kreativ-Kopf John Galliano statt. In Bildern. Das Make-up der Models erweckte den Eindruck, als würde er schmerzlich vermisst: John Galliano, langjähriger Dior-Designer, kurz vor der Show gechasst, weil er in einem Pariser Café ein Pärchen mit antisemitischen Äußerungen beleidigt haben soll. Doch Sidney Toledano, Chef des französischen Luxuslabels, distanzierte sich am Rande der Präsentation der Herbst- und Wintermode erneut klar von seinem früheren Star-Schneider.

Es sei für die Traditionsmarke "sehr schmerzhaft", mit den antisemitischen Pöbeleien des Modeschöpfers in Zusammenhang gebracht zu werden, sagte der Dior-Chef. Gänzlich unbeeindruckt von dem Skandal zeigten sich die Mannequins: Mit cooler Miene und ansonsten bisweilen recht wenig am Körper stolzierten sei den Laufsteg hinab.

15 Jahre lang hatte Galliano den Stil von Dior vorgegeben. In einer Branche, die dem ständigen Zwang unterworfen ist, sich zu erneuern, ist das ungewöhnlich lange. Mancher Modekenner mutmaßte deshalb, dem Luxuslabel käme der Skandal gerade recht, um den exzentrischen Couturier loszuwerden.

Dass Dior durch den Skandal langfristig Schaden nimmt, glauben Experten ohnehin nicht: Prominente, wie die französische Präsidentengattin Carla Bruni, tragen bei offiziellen Anlässen regelmäßig Roben aus der Edelschneiderei. Nicht weniger beliebt: die Accessoires der traditionsreichen Modemarke.

Die Modenschau seines eigenen Labels am Sonntag sagte John Galliano ab. Der 50-Jährige war im Pariser Szeneviertel Marais mehrfach durch antisemitische Pöbeleien aufgefallen. In einem Video ist er außerdem in angetrunkenem Zustand mit der Äußerung "Ich liebe Hitler" zu sehen.

Galliano, der sich deshalb vor Gericht verantworten muss, hat sich mittlerweile für sein Verhalten entschuldigt. Als Nachfolger des Stardesigners, der derzeit außerhalb von Paris eine Entzugskur machen soll, sind zwei Namen im Gespräch: der italienische Givenchy-Chefdesigner Riccardo Tisci und der französische Modeschöpfer Haider Ackermann. Inwiefern ein neuer Kreativ-Kopf den typischen Galliano- bzw. Dior-Stil revolutioniert, bleibt abzuwarten.

Gallianos letzte Kollektion wirkte handwerklich äußerst gelungen.

Inspiriert von britischen Dandys schwelgte sie in langen, schwingenden Silhouetten mit Maxi-Capes und Mänteln zu kurzen wippenden Röcken oder Knickerbocker-Hosen. Materialien wie Samt, Kaschmir, Chiffon und Pelz ließen das Ganze kostbar erscheinen.

Am Ende der Dior-Schau traten statt des Designers die Teammitglieder des Schneiderateliers in weißen Kitteln auf den Laufsteg. Ein bewegendes Finale einer ungewöhnlichen Präsentation.

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