Ottfried Fischer:"Der Mann neigt zum Trieb"

Lesezeit: 3 min

Poetisches von Ottfried Fischer: Der Schauspieler spricht in Bild über Prostituierte, die ihn ausgenutzt haben. Nebenbei erklärt er die Natur des Mannes - und die Liebe.

Sarina Pfauth

Es liest sich wie ein Gedicht: Ottfried Fischer hat der Bild-Zeitung ein Interview gegeben, an dem er augenscheinlich lange gefeilt hat. Manches davon wirkt, als habe hier ein Hobby-Rilke zur Feder gegriffen. Die Sätze sind geschliffen, der Inhalt geht tief, man kann ihn gar philosophisch nennen. Der kleine Haken an dem Text, der wunderbar ins Feuilleton passen würde: In dem Gespräch geht es um einen Prozess, den der beleibt-beliebte Schauspieler ("Der Bulle von Tölz") gegen zwei Prostituierte führt. Die Damen hätten ihn um 32.580 Euro betrogen, Fischer nennt sie deshalb "Bestien".

Nun also hat Ottfried Fischer der Deutschen größtes Boulevard-Blatt, das den Fall vor kurzem publik gemacht hatte, für würdig befunden, seine Version der Geschichte an die Öffentlichkeit zu bringen. Damit hat er den mutmaßlichen Betrügerinnen ein Schnippchen geschlagen, die - so Fischer in Bild - wohl gedacht hätten: "Der unternimmt nie etwas, dazu hat er viel zu viel Angst vor der Presse!"

Die beiden sollen den wahren Otti Fischer kennenlernen! Furchtlos trat der Kabarettist und Schauspieler, 55 Jahre alt, jetzt der Populär-Presse entgegen. Das Foto neben der Schlagzeile: ernster Blick, sepia-getönt. Alles irgendwie Kunst.

"Nichts Menschliches ist mir fremd"

"Der Mann neigt zum Trieb und leistet damit seinen Teil zum Erhalt der Menschheit. Es mit Frauen zu treiben ist also grundsätzlich nicht verwerflich und bereitet sogar dann manchmal Spaß, wenn beide sich fürs Wohlbefinden nur benutzen", befindet Fischer zunächst einmal. So habe er die Treffen mit den Damen auch gegenüber seiner wieder aktuellen Freundin Simone begründet.

Dann wird Fischer poetisch: "Ich habe niemanden betrogen, Zerstreuung nur gesucht, als die Liebe für beide nicht gereicht hat. Das liegt in der Natur des Mannes: Nichts Menschliches ist mir fremd - auch nicht das Irren." Man hört und staunt: Ottfried Fischer klärt auf über das, was im Inneren des Menschen steckt! Und er liefert auch stichhaltige Gründe für seine Interpretation der Welt: "Wäre alles mit tiefstem Gefühl überhaupt nur möglich, die Welt bestünde nur aus Liebeskummerleichen und Asketen." Das kann selbstverständlich keiner wollen.

Natürlich erklärt Fischer in dem Interview nicht nur die Welt, sondern auch, wie es zu dem Betrug kommen konnte. "Das sündige Treiben macht müde", klagt Ottfried Fischer, er sei nach einem gemeinsamen Abend eingeschlafen, einer der Damen habe dann ungehindert seine Kreditkarten-Daten gestohlen und ihrer Komplizin weitergegeben.

Im nächsten Abschnitt: Fischer spricht über wilde Tage, den männlichen Jagdinstinkt und Härte gegen sich selbst.

Außerdem habe er gar nicht gewusst, dass die Frauen Prostituierte seien. Eine der beiden, "die 'Dame meines blöden Vertrauens'", sei ihm durch eine Bekannte vorgestellt worden. Dann folgt die Geschichte dieser alten Freundschaft als beeindruckender Bandwurmsatz: "Die wiederum kannte ich aus wilden Tagen, in denen ich mit offenen Augen durch die Münchner Kneipenszene schwirrte, in welcher sich zur späten Stunde die Milieus mischen und allenthalben die Unterdrückung des männlichen Jagdinstinks auf eine harte Probe gestellt wird. Weil Mann und Frau sich, wenn auch alkoholverhangen, schöne Augen machen." Mit offenen und schönen Augen den Jagdinstinkt unterdrücken - könnte man die Geschichte einer Bekanntschaft besser formulieren?

Sicher nicht allein

Die von der alten Bekannten vorgestellte neue Bekannte jedenfalls vertrieb ihm die "bleierne Zeit" seiner Trennung von Freundin Simone mit freundschaftlichen Gesprächen und brachte irgendwann eine Freundin mit, "die dich, das männliche Wundertier, auch kennenlernen will. Wer wäre da so hart gegen sich, das nicht auch gerne zu glauben." Ottfried Fischer jedenfalls nicht, und so nahm das Unglück der Milieuvermischung seinen Lauf.

Fernsehstar Fischer, der auch schon "Pfarrer Braun" gab, ist sich sicher, nicht allein zu sein in seinem Liebeslohn-Elend: "Ich möchte gerne wissen, wie viele Promis es ebenso erwischt hat und die aus einer erpresserischen Angst heraus ihr Geld diesen Bestien geopfert haben."

Bei der Staatsanwaltschaft München war unterdessen niemand zu erreichen, der sich zu dem Fall äußern und die Vorwürfe in bürokratischem Deutsch bestätigen konnte. Und auch Ottfried Fischers Management antwortete bislang nicht auf die Anfrage von sueddeutsche.de. Warum auch? So schön kann man die Sache sicherlich nicht zweimal erklären. Jetzt wissen wir: Der Mann neigt zum Trieb.

© sueddeutsche.de/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: