Süddeutsche Zeitung

Oscar-Koch Wolfgang Puck:"DeVito will immer Hummer"

Seit 16 Jahren kocht Wolfgang Puck bei der Oscar-Verleihung. Mit der SZ sprach er über Hollywoods Leibgerichte, die Extrawünsche der Stars und das Menü für Sonntag.

Claudia Fromme

Wolfgang Puck, 60, ist der Bauch von Hollywood. Seit 35 Jahren bekocht der gebürtige Kärntner die Filmprominenz. Seinen Ruf begründete er in den 80er Jahren mit dem "Spago" in Beverly Hills, eines der Restaurants mit der höchsten Promidichte von Los Angeles, in dem er den größten Teil seiner Zeit verbringt. Heute beschäftigt er 5000 Mitarbeiter und macht 400 Millionen Dollar Umsatz im Jahr. Er besitzt 70 Restaurants in den USA und Japan, darunter Edelvarianten ebenso wie Fast-Food-Lokale, er verkauft Fertigpizzen und elektronische Kekspressen. Forbes führt ihn in der Liste der wichtigsten 100 Celebrities, bei den Simpsons hatte er schon einen Gastauftritt. Gerade feilt er am Menü für die Oscar-Feier am Sonntag, das er seit 16 Jahren kocht.

SZ: Respekt, Herr Puck. Das Menü für die offizielle Feier nach der Verleihung zu kochen ist sicher nicht leicht. Kate Winslet isst keinen Zucker, Uma Thurman hasst Cracker, Catherine Zeta-Jones meidet Kohlenhydrate. Wie schafft man es, als Koch da nicht durchzudrehen?

Puck: Ach, eigentlich ist das einfach. Wenn die Leute aus dem Kodak Theatre herauskommen, essen die alles! Sie haben Stunden da gesessen, denen hängt der Magen bis zu den Knien. Viele haben sich wochenlang ins Kleid gehungert und waren am Tag selbst so mit dem Styling beschäftigt, dass sie keine Zeit zum Essen hatten. Die denken abends nicht an ihre Diät.

SZ: Was erwartet Ihre 1600 Gäste denn in diesem Jahr beim Governor's Ball?

Puck: Es gibt nur ein großes Menü. Als Appetizer servieren wir Tempura-Crevetten, Mini-Kobe-Burger, Rösti mit Lachs und Osietra-Kaviar. Dann kommt Chicken Pot Pie, ein Hühnerragout mit Gemüse im Teig mit schwarzen Trüffeln aus dem Perigord. Zum Dessert gibt es die Oscars aus Valrhona-Schokolade mit 24-Karat-Goldstaub. Die Formen dafür liegen bei der Academy im Tresor, die werden immer kurz vorher angeliefert.

SZ: Trüffel, Kaviar, Gold. Offenbar geht es Hollywood doch nicht so schlecht.

Puck: Ich bitte Sie, Rösti und Pot Pie sind einfache Speisen! Ich verfeinere sie nur ein wenig. In Hollywood wird überall gespart, die Oscar-Feier aber soll der Höhepunkt im Jahr bleiben. Beschwert hat sich noch keiner, im Gegenteil. Ich kriege oft Dankeskarten, Steven Spielberg und Oprah Winfrey schreiben immer. 300 Köche sind am Sonntag im Einsatz, zehn Chefs kümmern sich um Sonderwünsche.

SZ: Aha, also doch Extra-Würste.

Puck: Ein Vegetarier braucht schon etwas anderes als Huhn. Und Danny DeVito will immer Hummer, und für Jack Nicholson halte ich stets ein Hähnchen bereit. Und Barbra Streisand, die mag so gern Pilzrisotto. Das steht immer bereit, beim Oscar-Menü und im Spago.

SZ: Wer hat sich denn heute Abend bei Ihnen in Beverly Hills angekündigt?

Puck: Sidney Poitier kommt. Er ist ja der Pate eines meiner Kinder. Und der Tom Cruise hat angerufen, dass er vorbeikommen will. Ein normaler Abend.

SZ: Sie gelten als Promikoch. Davon gibt es ja heute eine ganze Menge.

Puck: Vor 30 Jahren hat mich in Amerika noch ein Date sitzen lassen, als sie hörte, dass ich Koch bin. Auch mein Stiefvater war nicht erfreut, als ich mit 14 Jahren nach Frankreich ging, um zu kochen. Das war Frauensache, meine Mutter war auch Köchin. Als ich 1975 nach L.A. kam, gab es asiatische Restaurants, in die Schauspieler gingen. Die hatten eine gute Küche, aber einer wusste, wer da kocht.

SZ: Und dann kamen Sie und haben Ihre unterschätzte Zunft aus den muffigen Küchen befreit?

Puck: Nun ja. Ich finde es nun einmal wichtig, Gästen das Gefühl zu geben, dass sie besonders sind. Jeder will das, ob prominent oder nicht. Bei meiner ersten Stelle als Küchenchef im Ma Maison bin ich sofort an die Tische. Da saßen Leute wie Orson Welles und Billy Wilder. Der neue Stil machte die Runde, es kamen immer mehr. Das Grüßen ist heute wichtiger als das Kochen. In der Küche habe ich Leute, die ich seit 30 Jahren kenne, da muss ich mir keine Sorgen über das Essen machen.

SZ: Sie führen heute erfolgreich Restaurants, verkaufen Töpfe, schreiben Kochbücher. Der typische amerikanische Traum?

Puck: Vielleicht. Als Immigrant arbeitet man härter, man muss Unternehmer sein, sonst geht man unter. Bei mir gab es 1982 den ersten frischen Thunfisch im Salat Nicoise, die erste Frühlingsrolle außerhalb eines chinesischen Lokals. Ich war der Erste, der in Amerika Fusionküche angeboten hat. Ich habe Salami auf der Pizza durch Shrimps ersetzt, Trüffel über Macaroni and Cheese gehobelt. Das gibt es heute überall in den USA. Und natürlich gibt es bei mir Wiener Schnitzel.

SZ: Sind Sie nur der Grüßaugust oder haben Sie auch Freunde in Hollywood?

Puck: Mit Sidney Poitier bin ich lange befreundet, auch mit Jackie Collins. Manchmal koche ich privat für Tom Cruise und Arnold Schwarzenegger. Wenn ich den treffe, reden wir immer Deutsch. Das ist unsere Geheimsprache hier.

SZ: Ihr "Look at that" in den TV-Kochshows ist in den USA so berühmt wie das "I'll be back" des Terminators.

Puck: Manche machen Witze darüber, welcher Österreicher in Kalifornien wohl schlechter Englisch spricht: Schwarzenegger oder ich. Ich kann damit leben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Puck schon einmal dem Papst einen Korb geben musste.

SZ: Wenn es denn wirklich so viele Prominente gibt, die Ihr Lokal besuchen, finden da denn alle Platz?

Puck: Ich musste sogar schon einmal dem Papst absagen. Als Johannes Paul II. nach L.A. kam, ließ er anfragen, ob wir im Spago noch 30 Leute unterkriegen. Da war aber alles voll, also habe ich abgesagt. Tags drauf rief sein Privatsekretär nochmal an, dann habe wir ein Essen in der Residenz des Kardinals von L.A. gekocht. VIPs kriegen heute immer einen Tisch, Stammgäste auch und ein paar Tische bleiben frei für normale Besucher.

SZ: Ganz normal ging es bei Ihnen aber wohl noch nie zu.

Puck: In den Anfangszeiten des Spago in den achtziger Jahren war an einem Abend mal Cary Grant da, James Stuart, Liz Taylor und dann ist auf einmal Michael Jackson mit der Madonna gekommen, und fünf Minuten später der Jack Nicholson mit der Angelica Houston, die waren da noch zusammen, glaube ich. Da war eine unglaubliche Stimmung, das alte Hollywood mit dem neuen. Aber Gäste kommen und gehen. Leonardo diCaprio will immer zehn kleine Gänge, der muss auf sein Gewicht achten. Und Justin Timberlake, der Sänger, mag Mini-Pastrami-Sandwiches.

SZ: Wenn Sie ständig mit den Schauspielern und Sängern zusammenhocken, verraten sie Ihnen auch mal Privates?

Puck: Man bekommt viel mit, aber darüber schweige ich. Ehen werden beendet, Produzenten und Studiobosse machen Deals und manche unserer Kellner hoffen, als Schauspieler entdeckt zu werden. Funktioniert hat das leider noch nie.

SZ: Sie haben sich mal mit Picasso verglichen, dessen Kunst im Alter auch einfacher wurde. Sie sind schon eitel.

Puck: Ach, im Restaurant ist es ein wenig wie überall in Hollywood: Alles ist eine Bühne. Aber im Ernst: Ich dachte früher, dass ich erst ein guter Koch bin, wenn ich mehr als 20 Zutaten habe. Heute weiß ich: Wer einfaches auf die Sekunde genau kocht und gut abschmeckt, ist besser.

SZ: Da ist bei dem Menü für 1600 Leute am nächsten Sonntag eher knifflig.

Puck: Nein, ich mache das ja schon eine Weile. Alles wird frisch gekocht - und in anderthalb Stunden ist alles vorbei.

SZ: Was ist das Schlimmste, was passieren könnte am Oscar-Abend?

Puck: Das ist schon passiert. 2002 fiel der Strom und das Gas aus. Wir hatten erst die Hälfte der Steaks fertig und der Elektriker kam nicht, weil die Security ihn nicht durchgelassen hat. Nach zehn Minuten war der Strom wieder da. Das waren die längsten zehn Minuten, die ich je in einer Küche verbracht habe. Am Ende hat kaum einer etwas davon bemerkt.

SZ: Welcher Film hat dieses Jahr einen Oscar verdient? Einer Ihrer Stammgäste?

Puck: Kann ich nicht sagen, ich habe zuviel zu tun, um ins Kino zu gehen. James Cameron war vor ein paar Tagen hier im Spago. Dem habe ich gesagt: "Bist ein feiner Kerl, aber für Deinen Film Avatar habe ich wirklich keine Zeit."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.13159
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.03.2010
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.