Süddeutsche Zeitung

Österreich:Der Mann, der an 42 Tagen in Folge in dieselbe Radarfalle tappte

Ein österreichischer Bäcker fährt nach getaner Arbeit zu schnell, was ihn 3000 Euro kostet. Die Behörden lassen etwas Milde walten. Aber wie konnte es dazu kommen?

Interview von Nora Reinhardt

Eine Geschwindigkeitskontrolle ist ein Mittel, mit dem sichergestellt werden soll, dass die zugelassene Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten wird. Dass manch einer andere Absichten dahinter vermutet, findet seine Manifestation in dem schönen deutschen Ausdruck "Radarfalle", die der Kontrollinstanz eine gewisse Hinterlistigkeit unterstellt. In Österreich ist nun ein Familienvater auffallend häufig in dieselbe Falle getappt. Wie konnte es dazu kommen?

SZ: Herr Wallner, was war denn da los bei Ihnen?

Heimo Wallner: Ich bin Bäcker und bin nach meiner Schicht morgens gegen drei Uhr von der Bäckerei in Klagenfurt mit meinem Seat nach Hause gefahren. Die Arbeitsstelle habe ich erst Anfang Februar angenommen und wusste nichts von dem Blitzer. Ich habe mich an die vermeintliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Stundenkilometern innerorts gehalten. Auf einer kurzen Strecke allerdings, auf Höhe einer Schule, gilt Tempo 30. Ich muss das Schild übersehen haben, sodass ich an 42 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen zu schnell gefahren bin.

Und Sie haben 42 Mal nicht gemerkt, dass Sie geblitzt wurden?

Nein. Ich wurde mit einem dieser neuen Infrarotblitzer aufgenommen, die sieht man nicht. Ich wurde im März zum ersten Mal geblitzt, der erste Bußgeldbescheid kam aber erst Mitte Mai.

Geschwindigkeitskontrollen sollen ja die Verkehrssicherheit erhöhen.

Nun ja, der Sinn eines Blitzers ist doch normalerweise, dass man erfährt, dass man zu schnell gefahren ist, und sein Verhalten zügig anpassen kann. Außerdem leuchtet mir die niedrigere Geschwindigkeit an einer Schule natürlich tagsüber ein - aber morgens um drei? Für mich ist das Geldmacherei, die Ampeln waren nachts ja auch ausgeschalten. In Graz zum Beispiel setzen sie die niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzung an Schulen zur Ferienzeit aus. Aber hier nicht.

Also haben Sie Einspruch eingelegt?

Man kann nicht gegen alle Bußgeldbescheide zusammen Einspruch einlegen, ich hätte also 42 Mal einzeln widersprechen müssen. Am Ende wäre es mit Anwaltskosten vermutlich sogar teurer geworden, also habe ich zähneknirschend die 3000 Euro überwiesen. Das sind für mich gute zwei Monatslöhne. Mengenrabatt gibt es übrigens nicht. Immerhin, 300 Euro haben sie mir freundlicherweise nachgelassen.

Was hat Ihre Frau denn dazu gesagt?

Die steht hinter mir und hat mir keine Vorwürfe gemacht. Nur das Urlaubsgeld ist jetzt dahin. Wir haben zusammen eine große Patchworkfamilie mit acht Kindern. Mit den vier Kindern, die noch im Haus sind, wollten wir dieses Jahr nach Griechenland. Das mussten wir jetzt aufs kommende Jahr verschieben.

Och.

Ja, die Kinder waren natürlich enttäuscht, die haben sich Griechenland ja schon in den Prospekten angeschaut und sich darauf gefreut, zum ersten Mal zu fliegen. Jetzt verbringen sie ihre Ferien bei ihrem Opa am Fischteich.

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Quelle:
SZ vom 22.08.2018
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