Der Nürnberger Ärzteprozess war der erste von zwölf Nachfolgeprozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher des Dritten Reichs.
Den 23 Angeklagten wurden 15 verschiedene Arten von Menschenversuchen und andere medizinische Verbrechen vorgeworfen, darunter 1) Unterdruck-Versuche, 2) Unterkühlungs-Versuche, 3) Malaria-Versuche, 4) Senfgas-Versuche, 5) Sulfonamid-Versuche, 6) Transplantations-Versuche, 7) Meerwasser-Versuche, 8) Hepatitis-Versuche, 9) Typhus- und andere Impf-Versuche, 10) Gift-Versuche, 11) Bombenopfer-Versuche, 12) Sterilisations-Versuche, 13) Skelettsammlung in Straßburg, 14) Tuberkulose-Versuche, 15) Euthanasie.
Von 20 angeklagten Ärzten wurden vier zum Tode verurteilt und am 2. Juni 1948 hingerichtet. Neun Angeklagte erhielten lange Haftstrafen.
Die zu Haft verurteilten Angeklagten wurden allerdings 1951 durch den amerikanischen Hochkommissar McCloy vorzeitig entlassen oder erhielten deutliche Haftverkürzung - nicht wegen einer anderen Bewertung ihrer Schuld, sondern aufgrund der veränderten politischen Situation. Die Adenauer-Republik war mittlerweile Verbündeter der Amerikaner gegen die Sowjetunion geworden.
Die Verurteilten im Nürnberger Ärzteprozess waren: Dr. Hermann Becker-Freysing, Dr. Wilhelm Beiglböck, Dr. Karl Brandt (hingerichtet), Fritz Fischer, Prof. Dr. Karl Gebhardt (hingerichtet), Dr. Karl Genzken, Prof. Dr. Dietrich Handloser, Dr. Waldemar Hoven (hingerichtet), Prof. Dr. Joachim Mrugowsky (hingerichtet), Dr. Herta Oberheuser, Dr. Helmut Poppendick, Prof. Dr. Gerhard Rose und Prof. Dr. Oskar Schröder.
Drei Angeklagte in diesem Prozess waren keine Mediziner: Viktor Brack (Oberdienstleiter in der Kanzlei Hitlers), Rudolf Brandt (persönlicher Referent des Reichsführers-SS) und Wolfram Sievers (Generalsekretär der Gesellschaft Ahnenerbe) wurden ebenfalls am 2. Juni 1948 hingerichtet. Sieben Angeklagte wurden freigesprochen, weil man ihnen entweder keine direkte Beteiligung an den Verbrechen oder keine besondere Verantwortung dafür nachweisen konnte.
Im Anschluss an den Ärzteprozess wurde 1947 der Nürnberger Kodex über "zulässige medizinische Versuche" vom Militärgerichtshof erlassen. Der berühmt gewordene erste Satz lautet: "Die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson ist unbedingt erforderlich." Weitere Punkte fordern, dass die Versuche ein "Wohl für die Gesellschaft" erwarten lassen und "unnötige körperliche und seelische Leiden und Schädigungen vermieden" werden sollten.
Die Richter bezeichneten die Aussagen des Kodex als Grundprinzipien, "welche befolgt werden müssen, so dass Versuche am Menschen nicht gegen Moral, Ethik und Rechtsprinzipien verstoßen". Aus dem Nürnberger Kodex wurde das bis heute gültige Prinzip des "informed consent"abgeleitet - die freiwillige Einwilligung nach umfassender Aufklärung.